Wer ist der typische Radler auf dem Donauradweg?
Entlang des Donauradwegs wurde eineinhalb Jahre lang eine Analyse der Radfahrer durchgeführt. Jetzt ist klarer, wer dort warum und wie lange unterwegs ist.
Landkreis 90 – 60 – 90. Diese drei Zahlen kennen wohl die meisten. Sabine Malecha, Geschäftsführerin Deutsche Donau Tourismus, griff die Idealmaße eines weiblichen Modells bewusst im Zusammenhang mit einer Radverkehrsanalyse am Donauradweg auf. Und stellte eine andere Zahlenreihe gegenüber: 54 – 63 – 113. Sie stellten kein „Supermaß“dar, seien aber doch sehr ordentlich. Was sie mit dem Donauradweg zu tun haben? Sehr viel. Bisher war zwar bekannt, dass der 600 Kilometer lange Weg, der auch durch die Landkreis Günzburg, Dillingen und Neu-Ulm führt, mit vier Sternen ausgezeichnet ist und seit Jahren unter den Top 10 der beliebtesten Radfernwege in Deutschland rangiert. Warum aber Radfahrende ausgerechnet diesen Weg so schätzen, wer und vor allem wie viele dort eigentlich mit dem Zweirad unterwegs ist, lag im Dunkeln. Jetzt gibt es dazu valide Zahlen.
Der Donauradweg gelte als der „Klassiker“oder „Mutter aller Radwege“, nannte es Sabine Malecha. Seit 1991 gibt es den Weg, er sei „gefühlt schon immer da“. Vom ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) wurde der Radweg klassifiziert und mit vier Sternen ausgezeichnet. Unter Radelnden liegt er auf der Beliebtheitsskala auf Platz vier. Für Deutsche Donau Tourismus schön und gut, aber nicht ganz zufriedenstellend. „Wir wollten nicht länger nur Vermutungen aufstellen, sondern Fakten erheben, damit wir Kennzahlen haben, um auch die Bedeutung des Radtourismus als Wirtschaftsfaktor für die Donaukommunen zu ermitteln“, betonte Bernhard Gmehling, Vorstandsvorsitzender Deutsche Donau Tourismus. Der Verein stellte einen Förderantrag für eine Radverkehrsanalyse am Donauradweg/D6-Route für die Jahre 2022 und 2023 und bekam ihn vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr genehmigt. Finanziert wurde das Ganze zu 75 Prozent aus Bundesmitteln, den Rest übernahm Deutsche Donau Tourismus.
Projektstart war im Mai 2022, an zehn Standorten auf der Hauptroute entlang der Donau, etwa alle 50 Kilometer, wurden Messstationen
aufgebaut, darunter auch in Dillingen und Neu-Ulm. Bis November 2023 wurden alle Radelnden erfasst, über eine halbe Million Radfahrende kam zusammen. Wie viele es in den einzelnen Landkreisen waren, hat der Verein nicht ermittelt, man habe den Fokus bewusst auf den gesamten Radweg gelegt. Zusätzlich zu den Messungen wurden an allen Stationen Befragungen durchgeführt, online wurden die Radelnden ebenfalls befragt. Bis jetzt sei fleißig ausgewertet worden, „jetzt haben wir auch valide Zahlen zur Nutzung und zu den Präferenzen der Donauradler“, freute sich Geschäftsführerin Sabine Malecha.
Und da war sie, die entscheidende Zahlenreihe 54 – 63 – 113. Was sie besagt? Stephan Grapentin, der Projektleiter der Radverkehrsuntersuchung, löste das Rätsel auf: Der Donauradler ist im Schnitt 54 Jahre alt, fährt pro Tag etwa 63 Kilometer und gibt mit Übernachtung 113 Euro pro Tag aus. Die
Analyse habe gezeigt, dass zwischen Mai und September am meisten am Donauradweg entlanggestrampelt wurde, die Zahl der Flussauf- und -abwärts- Radelnden halte sich in etwa die Waage. Die Fahrenden habe man in drei Zielgruppen eingeteilt, Alltagsund Tagesausflügler machten fast 48 Prozent aus, knapp 44 Prozent waren Radwanderer, die jeden Abend in einer anderen Unterkunft haltmachen, und gut acht Prozent sind sogenannte Regioradler, die immer an eine feste Unterkunft zurückkehren. Der Wirtschaftsfaktor sei enorm, „eine Hausnummer“: Im Projektzeitraum brachte man es mit den Radelnden auf über 60 Millionen Euro.
Die meisten Radfahrer sind nicht alleine unterwegs, im Durchschnitt fahren 2,3 Personen zusammen. Mit 18,3 Prozent ist der Anteil der ausländischen Radgäste vergleichsweise hoch. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der
Radreisenden von sieben Tagen am Donauradweg liegt deutlich über der vergleichbarer Radfernwege. Pro Tag werden an die 63 Kilometer geradelt. Der Anteil der PedelecNutzer liegt am Donauradweg bei 52,7 Prozent und damit 13 Prozent über dem bundesweiten Schnitt. Laut Grapentin spielt für die Donauradler die Qualität des Radweges und die Wegweisung eine wichtige Rolle. Die vorhandenen Schilder zählten zu den wichtigsten Hilfsmitteln zur Orientierung vor Ort. Sie werden von knapp 62 Prozent der Radgäste mit touristischem Motiv genutzt, mehr noch als Navigationsgeräte.
Das wichtigste Kriterium bei der Wahl des Donauradweges als befahrene Route sei unter allen Radgästen eine attraktive Landschaft entlang der Strecke. Insgesamt bewerteten die Befragten die Strecke mit 4,09 von fünf möglichen Punkten. „Eine sehr solide Note“, fand Grapentin. Aber es bestehe Luft nach oben, vor allem bei der wegebegleitenden Infrastruktur. Viele vermissten mehr Infotafeln, sichere Abstellmöglichkeiten für Räder oder bemängelten die Qualität und die Dichte der Rastplätze.
Stefan Pittrof, Projektmanager Radtourismus aus Ingolstadt, betonte, dass die Analyse von „unschätzbarem Wert“und eine tolle Basis sei. Wer seine Gäste kenne, könne sich viel besser auf sie einstellen. Ingolstadt beispielsweise stehe erst am Anfang, das Potenzial, das der Donauradweg biete, touristisch umzusetzen. Man habe das Zählgerät gekauft, um weitere Werte zu erfassen, und stelle an fünf zusätzlichen Standorten im Stadtgebiet Messgeräte auf. Auf dieser Basis könne man Angebote optimieren. Vielleicht könnten andere Kommunen entlang der Donau einen ähnlichen Weg gehen. Sabine Malecha hofft, dass die Radverkehrsanalyse das ein oder andere bauliche Projekt beschleunige – um bei der Bewertung näher an die fünf Punkte zu kommen.