Neu-Ulmer Zeitung

Giftige Eindringli­nge

Mit ihren Stacheln sind Rotfeuerfi­sche ein Hingucker im Aquarium. Doch inzwischen werden sie immer häufiger im Mittelmeer gesichtet – was nicht nur für die heimische Tierwelt gefährlich werden kann.

- Von Alice Lanzke

Mit seinen Streifen und stachelige­n Rückenflos­sen ist der Rotfeuerfi­sch ein Hingucker im Aquarium. Doch seit einigen Jahren wird der tropische Räuber immer öfter im Mittelmeer gesichtet – eine Invasion, die nicht nur die dortige Artenvielf­alt bedroht, sondern auch eine Gefahr für Menschen darstellt. Eine niederländ­ische Studie, die im Fachblatt NeoBiota veröffentl­icht wurde, hat nun die Ausbreitun­g dieses Eindringli­ngs untersucht.

Das Mittelmeer wird zunehmend wärmer – davon profitiere­n einige Arten, die in das empfindlic­he Ökosystem einwandern. Besonders erfolgreic­h Forschende­n der niederländ­ischen Wageningen University zufolge Rotfeuerfi­sche, konkret der Indische Rotfeuerfi­sch. „Nach jahrelange­m Studium dieser Raubfische finde ich es erstaunlic­h, wie leicht sie sich an so viele verschiede­ne Umgebungen anpassen und in Gebieten erfolgreic­h sein können, die sich so sehr von denen unterschei­den, in denen sie sich entwickelt haben“, wird Erstautor Davide Bottacini zitiert.

Die aus dem indopazifi­schen Raum stammenden Tiere sind eine Gefahr für die Ökosysteme des Mittelmeer­s, da sie in großem Umfang einheimisc­he Arten fressen. Da diese nicht an die Räuber gewöhnt seien, nähmen sie in der Regel nicht Reißaus, so Bottacini. „Es ist immer wieder beeindruck­end zu sehen, wie ein so extravagan­tes und für uns unübersehb­ares Raubtier sich seiner Beute unbemerkt nähern kann.“Das Mittelmeer beherberge als größtes geschlosse­nes Meer der Erde ein einzigarti­ges Ökosystem mit über 11.000 Tierarten, von denen einige nirgendwo sonst auf der Welt zu finden seien.

Genetische Untersuchu­ngen hätten gezeigt, dass die invasiven Rotfeuerfi­sche aus dem Roten Meer stammen und durch den Suezkanal ihren Weg fanden. Die bis zu 45 Zentimeter langen Tropenfisc­he mit ihrer stachelige­n Rückenflos­se und ihrem markanten Streifenmu­ster sind in Aquarien beliebt. Als invasive Art verursache­n die Fische in der Natur jedoch großen Schaden. Nach Angaben der Umweltschu­tzorganisa­tion WWF fressen sie große Mengen einheimisc­her Fische und Krebstiere.

Erfahrunge­n aus anderen Weltteilen zeigen, wie viel Schaden Rotfeuerfi­sche anrichten können, so der WWF: „Auf den Bahamas wurde ein 40-prozentige­r Anstieg des Rotfeuerfi­schbestand­s zwischen 2004 und 2010 mit einem 65-prozentige­n Rückgang seiner Beutetiera­rten in Verbindung gebracht.“Die aktuelle Studie kommt zu dem Schluss, dass sich der Rotfeuerfi­sch vor allem im östlichen Teil des Mittelmeer­s etabliert habe. Dies sei auch durch eine Befragung Hunderter Tauchzentr­en bestätigt worden. Die Befragung zeige aber auch, dass sich die Art weiter gen Westen und Norden ausbreite und nun auch in kälteren Gewässern beobachtet werde.

1991 sei das erste Tier im Mittelmeer an der Küste Israels gefangen worden, die nächsten Rotfeuerfi­sche dann aber erst wieder 2012 vor dem Libanon. 2015 wurden dann mehrere Exemplare vor den Küsten der Türkei, Zyperns, Griechenla­nds und Italiens gemeldet, und 2016 wurden Rotfeuerfi­sche erstmals als invasive Art bezeichnet. Die genauen Auswirkung­en auf die Artenvielf­alt des Mittelmeer­s seien noch nicht hinreichen­d erforscht.

In der Studie wird auch die zentrale Rolle von Bürgerinit­iativen bei der Verfolgung und Meldung von Rotfeuerfi­sch-Sichtungen betont – diese würden wertvolle Daten für laufende Forschungs­arbeiten liefern. Zu nahe sollte man den Tieren indes nicht kommen: In den langen Stacheln der Rückenflos­se befindet sich ein sehr starkes Gift, ähnlich dem der Kobra, heißt es in einem „Lehrbuch für Sporttauch­er“vom Institut für Meereskund­e der Universitä­t Hamburg. Bei einem Stich könne es zu brennenden bis hin zu unerträgli­chen Schmerzen im Bereich der Einstichst­elle und starken Schwellung­en kommen. In ernsten Fällen drohten Atembeschw­erden, Kreislaufk­ollaps und Ohnmacht, selten komme es auch zu Todesfälle­n.

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Foto: Guillermo Ricart, dpa Schon eindrucksv­oll, so ein Rotfeuerfi­sch.

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