Warum das Mittelalter Mareikje Mariak so fasziniert
Die Historikerin leitet seit Kurzem das Sachgebiet Mittelalter und Frühe Neuzeit im Ulmer Haus der Stadtgeschichte. Welchem wenig erforschten Bereich sie sich widmet.
Ulm Mareikje Mariak schaut aus dem Fenster ihres neuen Arbeitsplatzes: Die Kastanien auf dem Weinhof sind zu sehen, das Münster, das ehemalige Steuerhaus, die Glaspyramide der Stadtbibliothek und das Rathaus. Traumhaft, sagt sie, so ein Arbeitsplatz – und die Aufgaben ihrer neuen Stelle passen genau zu dem, was sich die 32-Jährige wünscht: Sie leitet seit Anfang Mai das Sachgebiet Mittelalter und Frühe Neuzeit im Haus der Stadtgeschichte in Ulm.
Mariak, die aus Hannover stammt und in Bonn studierte und forschte, hat in der Endrunde um die Nachfolge von Gudrun Litz im Haus der Stadtgeschichte als jüngste Bewerberin in der Endrunde
überzeugt. Dass die Stelle zu ihr passen würde, war ihr auf Anhieb klar, erzählt die Historikerin: „Boah, tolle Stelle“, habe sie sofort gedacht, als sie die Ulmer Stellenausschreibung gelesen hatte.
Der Umzug nach Neu-Ulm ist inzwischen geschafft, die ersten Arbeitstage liegen hinter ihr, und
Ulm – das sie nur von einem eintägigen Besuch vor fünf Jahren kannte – hat zunächst einmal einen guten Eindruck auf die 32-Jährige gemacht. Auch die Atmosphäre im Haus der Stadtgeschichte sage ihr sehr zu. Nur müsse sie eben nicht nur ihre nach Neu-Ulm umgezogenen Besitztümer neu sortieren, sondern ein bisschen auch ihr Leben – schließlich kennt sie an der Donau noch kaum jemanden und muss sich erst zurechtfinden.
Im Stadtarchiv gibt es etwas, das bislang tatsächlich noch in weiten Teilen wenig erforscht – und gleichzeitig Mariaks Leidenschaft ist: jede Menge mittelalterliche Siegel. Eine mit Sicherheit vierstellige Zahl davon wird – häufig mit den dazugehörigen Urkunden wie dem Schwörbrief, teilweise aber auch abgeschnitten und ohne zugehöriges Dokument – im Haus der Stadtgeschichte aufbewahrt.
Während für die meisten Historiker der Text der Urkunde wichtig ist, weniger aber das Siegel, interessiert sich Mariak ganz besonders für diese „Wachsbollen“, wie sie sagt: „Welches Bild will ein Herrscher mit dem Siegel von sich und seinem Amt vermitteln? Wie stellt er sich auf dem Siegel dar? Mit welchen Insignien?“, sagt sie – das sei für sie sehr spannend. Im Mittelalter – zum Beispiel bei den Ottonen- und Salierherrschern – lief viel nonverbale Kommunikation über derartige Siegel und ihre Gestaltung.
Auch ihr ganz privates Hobby ist etwas ausgefallen, erzählt die Historikerin: Ganz einfach aus Interesse heraus lernte sie das keltische Irisch, das sie auch sprechen kann, studierte nebenbei Keltologie – und hat sich dann in die traditionelle Musik Irlands vertieft. Diese Irish-Gaelic Songs, die aus dem Gefühl heraus und ohne Notenmaterial interpretiert werden, singt sie selbst auch gerne.