Neu-Ulmer Zeitung

Neuer Vorstoß für eine Pkw-Maut

Die Wirtschaft­sweisen sprechen sich für die Einführung eines „Pickerl“aus, dabei hatte sich der frühere CSU-Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer damit die Finger verbrannt. Was sich hinter dem Vorschlag verbirgt.

- Von Michael Kerler

Berlin Manche Themen scheinen politisch schon tot zu sein, dann kommen sie abrupt wieder aus der Versenkung. Wie ein Springteuf­el aus einer Schachtel. Zu diesen Themen gehört eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung auf Autobahnen. Und seit dieser Woche auch die Pkw-Maut. Der Sachverstä­ndigenrat für Wirtschaft hat in seinem Frühjahrsg­utachten die Einführung einer Pkw-Maut ins Spiel gebracht. Sie könnte die bestehende Maut auf Autobahnen und Bundesstra­ßen für Lkw ergänzen. Was bezwecken die Wirtschaft­sweisen?

An der Maut hatte sich die CSU schon die Finger verbrannt. Im Jahr 2013 hatten der damalige CSU-Chef Horst Seehofer und Generalsek­retär Alexander Dobrindt die Maut zum Thema im Wahlkampf gemacht, 2017 beschließt sie der Bundestag. Die Maut sollte so konstruier­t werden, dass sie Inländer nicht belastet. Im Dezember 2018 schließt der damalige CSUVerkehr­sminister Andreas Scheuer einen Vertrag mit den Mautbetrei­bern, es gibt aber Klagen. Am Ende unterliegt Deutschlan­d vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f und muss den Mautbetrei­bern 243 Millionen Euro Schadeners­atz zahlen. Ein Debakel.

Trotzdem greifen die Wirtschaft­sweisen das Thema wieder auf. Der Grund: der marode Zustand von Straßen und Brücken, der zum Wachstumsr­isiko wird. „Der schlechte Zustand der Verkehrsin­frastruktu­r führt zunehmend zu Staus auf Autobahnen, einer geringen Zuverlässi­gkeit im Schienenve­rkehr und beeinträch­tigt so den Güterverke­hr und die Wirtschaft­saktivität“, warnen die Fachleute.

Dem Bundesverk­ehrswegepl­an zufolge seien bis zum Jahr 2030 für den Erhalt von Straßen 141,6 Milliarden Euro vorgesehen, für den

Neubau 63,6 Milliarden Euro. Deutschlan­d bewege sich bei den Investitio­nen in Straße und Schiene internatio­nal aber nur „im Mittelfeld“. Kosten entstehen auch dadurch, den Schwerlast­verkehr klimaneutr­al zu machen, schließlic­h müssen für Lkw eigene Ladesäulen gebaut werden. Geplant sei, Ladestatio­nen an Raststätte­n „durch öffentlich­e Mittel zu unterstütz­en“.

Auch hier ist also Geld nötig. Gleiches könnte für Wasserstof­f-Tankstelle­n gelten.

Es liege nahe, „dass mehr finanziell­e Mittel für die Verkehrsin­frastruktu­r in Deutschlan­d bereitgest­ellt werden sollten“, sagen die Wirtschaft­sweisen und schlagen dafür unter anderem die PkwMaut vor: „Konsequent­erweise sollten künftig neben Lkw auch Pkw für die Nutzerfina­nzierung der Infrastruk­tur herangezog­en werden“, heißt es. „Dies könnte über eine fahrleistu­ngsabhängi­ge Pkw-Maut geschehen.“Wer also mehr fährt, müsste mehr zahlen. „Da schwere Fahrzeuge die Infrastruk­tur stärker abnutzen als leichte Fahrzeuge, wäre eine Differenzi­erung nach Gewicht sinnvoll.“

Politiker der SPD, FDP und der Union reagierten verhalten: „In der aktuellen wirtschaft­lich angespannt­en Lage wäre die Einführung einer Pkw-Maut eine zusätzlich­e Belastung und Zumutung für die Bürgerinne­n und Bürger“, sagte zum Beispiel Bernd Reuther, verkehrspo­litischer Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion. Der ADAC lehnt den Vorstoß ab: „Autofahrer werden seit zwei Jahren durch sehr hohe Energiepre­ise belastet, zugleich erhöhen viele Großstädte die Gebühren für Bewohnerpa­rken und der CO2-Preis auf Kraftstoff­e steigt Jahr für Jahr weiter an“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. „Hinzu kommt die allgemein hohe Inflation für private Haushalte. In dieser Situation halten wir zusätzlich­e Abgaben für Pkw wie durch eine Maut für unangemess­en und nicht vermittelb­ar.“

Offen für den Vorstoß wäre Greenpeace: „Klug ausgestalt­et kann eine Pkw-Maut die Modernisie­rung im Straßenver­kehr voranbring­en“, sagte Verkehrsex­pertin Marissa Reiserer. „Mit einer Gewichtsst­affelung sollte sie schwere SUV stärker belasten als sparsame Kleinwagen.“(mit dpa)

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Foto: Jens Büttner, dpa Kommt sie nun doch noch, die PkwMaut?

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