Neu-Ulmer Zeitung

Gibt der FCA den Party-Crasher?

Nach dem Spiel gegen den FC Augsburg wird am Samstag Bayer Leverkusen die Meistersch­ale übergeben. Doch FCA-Trainer Jess Thorup würde die Feierlichk­eiten gern ein wenig stören.

- Von Robert Götz

Augsburg Die ganz großen Feierlichk­eiten für die erste deutsche Meistersch­aft in der Vereinsges­chichte sind bei Bayer Leverkusen erst für den 26. Mai geplant. Die Werkself wird an dem Tag nach dem DFBPokalfi­nale in Berlin gegen 13.30 Uhr am Flughafen Köln/Bonn landen, dann sich im Schloss Morsbroich in das Goldene Buch der Stadt Leverkusen eintragen, ehe es in einem Korso mit offenen Fahrzeugen zur Bay-Arena geht, um mit 40.000 Fans zu feiern. Doch vorher haben Trainer Xabi Alonso und sein Team noch einiges vor. Erstens will Bayer am Samstag (15.30 Uhr/Sky) am letzten Spieltag gegen den FC Augsburg zu Hause auch im 51. Pflichtspi­el ungeschlag­en bleiben. Und dann stehen ja auch noch am Mittwoch in Dublin das Endspiel in der Europa League gegen Atalanta Bergamo und am 25. Mai das Pokalfinal­e gegen den 1. FC Kaiserslau­tern an.

Trotzdem, ein bisschen Party soll es am Samstag in der Bay-Arena schon geben, schließlic­h wird die Meistersch­ale nach dem Schlusspfi­ff überreicht. Doch FCA-Trainer Jess Thorup hat darauf eigentlich keine Lust. „Wir sind in der Liga die letzte Mannschaft, die Leverkusen schlagen kann. Wenn wir nicht daran glauben, können wir gleich zu Hause bleiben. Wir fahren nicht nach Leverkusen,

um mit ihnen zu feiern“, sagte Thorup mit fester Stimme bei der letzten Spieltags-Pressekonf­erenz in dieser Saison. „Viele Mannschaft­en haben das probiert, keine hat das geschafft. Ich merke, dass das für mich eine unglaublic­he Motivation ist.“

Jetzt muss es dem Trainer nur noch gelingen, sein verblieben­es Häufchen spielfähig­er Profis mit seinem unerschütt­erlichen Optimismus anzustecke­n. Denn zu den Langzeitve­rletzten Raphael Framberger (Knie-OP), Stammtorhü­ter Finn Dahmen (Sprunggele­nksOP), Elvis Rexhbecaj (Mittelfußb­ruch), Robert Gumny (OP nach Kreuzbandr­iss) und Fredrik Jensen (OP nach Blutgerinn­sel in der Wade) gesellte sich auf jeden Fall der Gelb-gesperrte Kevin Mbabu hinzu. Hinter dem Einsatz von Pep Biel (Sprunggele­nkverletzu­ng), Ruben Vargas (muskuläre Probleme) und Kristijan Jakic (Achillesse­hnenbeschw­erden) steht ein Fragezeich­en. Da will der Trainer erst das Abschlusst­raining am Freitag abwarten. Auf die Europameis­terschaft will Thorup beim Schweizer Nationalsp­ieler Ruben Vargas keine Rücksicht nehmen. Aber nur, wenn der Kreativspi­eler fit ist.

Für die verwaiste rechte Abwehrseit­e hat sich Thorup zwei Varianten zurechtgel­egt. Entweder wechselt Linksverte­idiger Mads Pedersen die Seite oder Maximilian Bauer gibt den rechten Verteidige­r. Das würde aber auf eine Taktik mit drei Innenverte­idigern hindeuten. Damit ist der FCA allerdings in Dortmund zuletzt auswärts mit 1:5 untergegan­gen.

Alles andere als optimale Voraussetz­ungen, um die Tormaschin­e aus Leverkusen (bisher 87 Treffer) ins Stottern zu bringen, auch wenn Thorup wie ein dänischer Wikinger auf Beutezug wirkt, wenn er sagt: „Keiner traut uns etwas zu in Leverkusen, aber ich glaube daran.“Allerdings hat sein

Trainer-Kollege Alonso es bisher geschafft, die Konzentrat­ion seiner Mannschaft weiterhin auf langsam schon unheimlich­en Höhen zu halten. 5:1 in Frankfurt, 5:0 in Bochum. Egal, wie viel er rotiert, der Baske könnte wohl auch den Busfahrer auf den Platz schicken, sein System funktionie­rt.

Anders sieht die reine Faktenlage beim FCA aus. Nach vier Niederlage­n in Folge hat die positive Grundstimm­ung, die nach Thorups

Amtsüberna­hme Ende Oktober Einzug gehalten hat, einen gehörigen Dämpfer erhalten. Allerdings hat der FCA das letzte Auswärtssp­iel in Leverkusen mit 2:1 gewonnen.

Mit einem Sieg und wenn alles superoptim­al läuft, könnte der FCA noch von Platz zehn auf Platz acht springen und sich dadurch vielleicht sogar noch für einen internatio­nalen Wettbewerb qualifizie­ren. Realistisc­her ist eher ein Rücksetzer auf Platz zwölf. Aber dieser „Worst Case“, und so paradox ist diese Spielzeit aus Augsburger Sicht, wäre noch immer die drittbeste Platzierun­g seit dem Aufstieg 2011. Besser schnitt der FCA nur 2014 (Platz acht) und 2015 (Platz fünf) ab.

Schon seit Wochen ist der Klassenerh­alt in trockenen Tüchern, werden Gespräche mit den eigenen Spielern, aber auch mit potenziell­en Neuzugänge­n geführt. „Ich habe ein gutes Gefühl. Wir sind auf einem guten Weg, und das ist meine Hoffnung für die neue Saison.“Die beginnt für den Trainer und seine Mitarbeite­r am 1. Juli, das erste Training ist für den 8. Juli terminiert. Die Spieler werden ab Sonntag in den Urlaub entlassen. Zuvor steht am Samstagabe­nd die Saisonabsc­hlussfeier in Augsburg an. Dass dort die Stimmung euphorisch­er sein wird als in Leverkusen, scheint unwahrsche­inlich, auch wenn Thorup gerne den Party-Crasher spielen würde.

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? FCA-Trainer Jess Thorup hat keine Lust, in Leverkusen mitzufeier­n. Er wäre gerne der Party-Crasher.
Foto: Tom Weller, dpa FCA-Trainer Jess Thorup hat keine Lust, in Leverkusen mitzufeier­n. Er wäre gerne der Party-Crasher.

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