Gibt der FCA den Party-Crasher?
Nach dem Spiel gegen den FC Augsburg wird am Samstag Bayer Leverkusen die Meisterschale übergeben. Doch FCA-Trainer Jess Thorup würde die Feierlichkeiten gern ein wenig stören.
Augsburg Die ganz großen Feierlichkeiten für die erste deutsche Meisterschaft in der Vereinsgeschichte sind bei Bayer Leverkusen erst für den 26. Mai geplant. Die Werkself wird an dem Tag nach dem DFBPokalfinale in Berlin gegen 13.30 Uhr am Flughafen Köln/Bonn landen, dann sich im Schloss Morsbroich in das Goldene Buch der Stadt Leverkusen eintragen, ehe es in einem Korso mit offenen Fahrzeugen zur Bay-Arena geht, um mit 40.000 Fans zu feiern. Doch vorher haben Trainer Xabi Alonso und sein Team noch einiges vor. Erstens will Bayer am Samstag (15.30 Uhr/Sky) am letzten Spieltag gegen den FC Augsburg zu Hause auch im 51. Pflichtspiel ungeschlagen bleiben. Und dann stehen ja auch noch am Mittwoch in Dublin das Endspiel in der Europa League gegen Atalanta Bergamo und am 25. Mai das Pokalfinale gegen den 1. FC Kaiserslautern an.
Trotzdem, ein bisschen Party soll es am Samstag in der Bay-Arena schon geben, schließlich wird die Meisterschale nach dem Schlusspfiff überreicht. Doch FCA-Trainer Jess Thorup hat darauf eigentlich keine Lust. „Wir sind in der Liga die letzte Mannschaft, die Leverkusen schlagen kann. Wenn wir nicht daran glauben, können wir gleich zu Hause bleiben. Wir fahren nicht nach Leverkusen,
um mit ihnen zu feiern“, sagte Thorup mit fester Stimme bei der letzten Spieltags-Pressekonferenz in dieser Saison. „Viele Mannschaften haben das probiert, keine hat das geschafft. Ich merke, dass das für mich eine unglaubliche Motivation ist.“
Jetzt muss es dem Trainer nur noch gelingen, sein verbliebenes Häufchen spielfähiger Profis mit seinem unerschütterlichen Optimismus anzustecken. Denn zu den Langzeitverletzten Raphael Framberger (Knie-OP), Stammtorhüter Finn Dahmen (SprunggelenksOP), Elvis Rexhbecaj (Mittelfußbruch), Robert Gumny (OP nach Kreuzbandriss) und Fredrik Jensen (OP nach Blutgerinnsel in der Wade) gesellte sich auf jeden Fall der Gelb-gesperrte Kevin Mbabu hinzu. Hinter dem Einsatz von Pep Biel (Sprunggelenkverletzung), Ruben Vargas (muskuläre Probleme) und Kristijan Jakic (Achillessehnenbeschwerden) steht ein Fragezeichen. Da will der Trainer erst das Abschlusstraining am Freitag abwarten. Auf die Europameisterschaft will Thorup beim Schweizer Nationalspieler Ruben Vargas keine Rücksicht nehmen. Aber nur, wenn der Kreativspieler fit ist.
Für die verwaiste rechte Abwehrseite hat sich Thorup zwei Varianten zurechtgelegt. Entweder wechselt Linksverteidiger Mads Pedersen die Seite oder Maximilian Bauer gibt den rechten Verteidiger. Das würde aber auf eine Taktik mit drei Innenverteidigern hindeuten. Damit ist der FCA allerdings in Dortmund zuletzt auswärts mit 1:5 untergegangen.
Alles andere als optimale Voraussetzungen, um die Tormaschine aus Leverkusen (bisher 87 Treffer) ins Stottern zu bringen, auch wenn Thorup wie ein dänischer Wikinger auf Beutezug wirkt, wenn er sagt: „Keiner traut uns etwas zu in Leverkusen, aber ich glaube daran.“Allerdings hat sein
Trainer-Kollege Alonso es bisher geschafft, die Konzentration seiner Mannschaft weiterhin auf langsam schon unheimlichen Höhen zu halten. 5:1 in Frankfurt, 5:0 in Bochum. Egal, wie viel er rotiert, der Baske könnte wohl auch den Busfahrer auf den Platz schicken, sein System funktioniert.
Anders sieht die reine Faktenlage beim FCA aus. Nach vier Niederlagen in Folge hat die positive Grundstimmung, die nach Thorups
Amtsübernahme Ende Oktober Einzug gehalten hat, einen gehörigen Dämpfer erhalten. Allerdings hat der FCA das letzte Auswärtsspiel in Leverkusen mit 2:1 gewonnen.
Mit einem Sieg und wenn alles superoptimal läuft, könnte der FCA noch von Platz zehn auf Platz acht springen und sich dadurch vielleicht sogar noch für einen internationalen Wettbewerb qualifizieren. Realistischer ist eher ein Rücksetzer auf Platz zwölf. Aber dieser „Worst Case“, und so paradox ist diese Spielzeit aus Augsburger Sicht, wäre noch immer die drittbeste Platzierung seit dem Aufstieg 2011. Besser schnitt der FCA nur 2014 (Platz acht) und 2015 (Platz fünf) ab.
Schon seit Wochen ist der Klassenerhalt in trockenen Tüchern, werden Gespräche mit den eigenen Spielern, aber auch mit potenziellen Neuzugängen geführt. „Ich habe ein gutes Gefühl. Wir sind auf einem guten Weg, und das ist meine Hoffnung für die neue Saison.“Die beginnt für den Trainer und seine Mitarbeiter am 1. Juli, das erste Training ist für den 8. Juli terminiert. Die Spieler werden ab Sonntag in den Urlaub entlassen. Zuvor steht am Samstagabend die Saisonabschlussfeier in Augsburg an. Dass dort die Stimmung euphorischer sein wird als in Leverkusen, scheint unwahrscheinlich, auch wenn Thorup gerne den Party-Crasher spielen würde.