Was macht eigentlich einen Staat aus?
Jetzt wollen auch einige europäische Länder Palästina als eigenen Staat anerkennen. Darüber ist ein internationaler Streit entbrannt.
Zu „Viele haben überhaupt kein Mitgefühl“(Bayern) vom 21. Mai: Die Klagen über die zunehmende Gewaltbereitschaft und -tätigkeit von immer mehr Kindern und Jugendlichen sind ebenso vielfältig wie die Motive der Gewalt. Beim genannten Mangel an Mitgefühl wird leicht übersehen, dass Empathie nur entstehen kann, wo Mitgefühl von Kindern in gesicherten Bindungen erfahren wird. Wie aber soll ein wehrloses Kleinkind Mitgefühl entwickeln können, wenn es viel zu früh die Trennung von Mutter und Vater hinnehmen muss, ohne selbst dabei Einfühlung zu erfahren? Nach den Bedürfnissen der Kinder wird aber nicht gefragt, diese opfert die Politik mit medialer Unterstützung dem wirtschaftlichen Eigennutz des Staats als Steuereinnehmer und dem Selbstverwirklichungsinteresse der Erwachsenen, indem
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Die Meldung ging durch die Decke. Die Regierungen von Irland, Spanien und Norwegen wollen Palästina als eigenen Staat anerkennen. Doch das Thema hat zwei Ebenen: einmal die politische, inmitten des Gaza-Krieges, und dann eine völkerrechtliche.
Denn die Frage ist ja, was ist ein Staat, was macht ihn aus? Zunächst zur Begrifflichkeit „Staat“. Sie kommt von lateinisch „status“, übersetzt „Zustand“oder eben „Verfassung“. Und da wird es in diesem Zusammenhang interessant. Der Begriff Verfassung im staatlichen Sinne tauchte zuerst im späten Mittelalter auf durch den italienischen Philosophen Niccolò Machiavelli. Völkerrechtler benennen die Bedingungen, die eine Region oder eine Körperschaft zum Staat erhöhen, ganz trocken wie folgt: Als Staat bezeichnet man eine Vereinigung vieler Menschen, die in einem abgegrenzten Gebiet leben. Kitt dieses Staatswesens sind die Bürgerinnen und Bürger, die durch eine gleiche Staatsangehörigkeit verbunden sind – Staatsvolk sagt der Jurist dazu. Die Region wiederum, in der das Staatsvolk lebt, ist das Staatsgebiet. Das reicht aber nicht aus. Ein Staat ist im idealen Fall völlig unabhängig. Polizei und Militär oder die Justiz üben die Staatsgewalt in voller Souveränität aus.
Das Etikett „Staat“ist keineswegs davon abhängig, ob es sich um ein Gemeinschaftswesen nach westlich-demokratischem Gusto handelt. Es gibt verschiedene Herrschafts- und Regierungsformen. Nicht in allen Ländern, die sich als Staaten bezeichnen können, ist das Volk der eigentliche Souverän. Nicht überall geht die Macht von den gewählten Vertretern in Parlament und Regierung aus. Es gibt auch andere Herrschaftsformen: zum Beispiel Monarchien oder auch Diktaturen.
Wer eine Staatsangehörigkeit, wie die große Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten, im Pass hinterlegt hat, ist im Vorteil – er kann reisen und sich frei bewegen – auch das ist ein Grund dafür, dass Palästina seit Jahren dafür kämpft, als eigener Staat anerkannt zu werden, obwohl es die Bedingungen dafür nicht in Gänze erfüllt.
Genau hier liegt die politische Ebene. Staaten, die Palästina als Staat anerkennen wollen, erhoffen sich damit den Weg zu diesem rechtlichen Status zu beschleunigen. Simon Kaminski