Wenn der Enkel einmal kifft: Ist das schon gefährlich?
Am 1. April ist das neue Gesetz über die teilweise Legalisierung von Cannabis in Kraft getreten. Entsprechend groß war die Nachfrage beim Telefonforum unserer Zeitung. Ein Expertenteam der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stand Rede und Antwort. Ist Marihuana und Haschisch das Gleiche?
Marihuana besteht aus den getrockneten Blüten und Blättern der weiblichen Hanfpf lanze. Es wird auch „Gras“oder „Weed“genannt und ist meist von grünlicher, teeähnlicher Beschaffenheit. Haschisch ist eine bräunlichgrüne Pressmasse aus den harzigen Teilen der Hanfpf lanze, umgangssprachlich auch als „Dope“oder „Shit“bezeichnet. Die Konsistenz reicht von fest bis bröckelig.
Ich bin über 30 und will mit dem Kiffen aufhören. Allerdings kiffen meine Freunde weiter. Wie lehne ich die Joints ab, ohne sie zu brüskieren?
Am besten ist immer noch eine ehrliche Begründung, zum Beispiel: „Danke, aber ich will damit aufhören.“Rechtfertigen muss man sich nicht. Manchmal bietet es sich auch an, ganz direkt zurückzufragen: „Warum ist es dir so wichtig, dass ich kiffe?“Machen Sie Ihren Standpunkt klar, warum Sie sich aktiv gegen den Konsum entschieden haben. Wenn man dabei entspannt und freundlich bleibt, wirkt es souverän.
Ich kiffe nicht oft, würde aber schon gern wissen, ob es unbedenklich ist. Wie kriegt man das raus?
Auf dem Internetportal der BZgA drugcom.de gibt es einen kurzen, anonymen Selbsttest. Die Rückmeldung kommt unverzüglich.
Wozu soll das neue Cannabis-Gesetz gut sein? Warum ist man vom generellen Verbot abgerückt?
Trotz des Verbots haben Erwerb und Besitz von Cannabis in den letzten Jahren zugenommen. Mit dem neuen Gesetz soll die Qualität von Cannabis kontrolliert und die Weitergabe verunreinigter Substanzen verhindert werden. Denn bei Cannabis vom Schwarzmarkt ist der THCGehalt unbekannt, giftige Beimengungen und Verunreinigungen sind möglich. Darüber hinaus soll die Legalisierung des Eigenanbaus von Cannabis die organisierte Drogenkriminalität eindämmen.
Wird irgendwann geprüft, was das neue Cannabis-Gesetz bringt?
Ja, nach 18 Monaten sollen die Auswirkungen des Konsumverbots auf den Kinderund Jugendschutz im ersten Jahr fachlich beurteilt werden. Zwei Jahre nach Inkrafttreten wird ein Zwischenbericht, auch zu den Auswirkungen auf die cannabisbezogene Kriminalität, vorgelegt. Vier Jahre nach Inkrafttreten soll eine abschließende Evaluation des Gesetzes erfolgen.
Cannabisprodukte können ja inzwischen chemisch nachgebaut werden. Wirken sie genauso wie die natürlichen?
Nein, sie haben meist eine viel stärkere Wirkung. Sie werden als „Spice“, so genannte Kräutermischungen, teils legal verkauft. Die Inhaltsstoffe sind oft gänzlich unbekannt. Im Vergleich zu pf lanzlichem THC kann die Wirkung der synthetischen Cannabinoide mehr als 600mal stärker sein und der Konsum schwere Nebenwirkungen haben. Das macht sie sehr gefährlich.
Kann man vom Kiffen abhängig werden oder nicht?
Es kann eine gravierende psychische Abhängigkeit entstehen - zum Beispiel, wenn man immer häufiger versucht, unangenehme Gefühle und Gedanken mit einem Joint auszublenden. Je länger man Cannabis zur Alltagsgestaltung benutzt, umso weniger kann man sich vorstellen, dass man ohne Kiffen überhaupt gut leben kann.
Ist bekannt, wie die Cannabis-Pflanze das Rauschgefühl beim Menschen erzeugen kann?
Wissen muss man, dass der Körper Cannabinoide auch selbst produziert. Sie werden aber nur ausgeschüttet, wenn sie gebraucht werden, zum Beispiel um ein inneres Gleichgewicht zu halten, den Schlaf zu fördern oder den Blutdruck zu stabilisieren. Beim Kiffen hingegen wird der Körper ganz ohne Grund mit pf lanzlichen Cannabinoiden, zum Beispiel Tetrahydrocannabinol, kurz THC, gef lutet. Die docken an den gleichen Rezeptoren wie die körpereigenen Cannabinoide an und bringen das gesamte System durcheinander. Man spürt es am Rausch.
Woran würde man merken, dass man von den Joints abhängig ist?
Eine Cannabisabhängigkeit ist nicht so eindeutig wie die Abhängigkeit von anderen Drogen. So sind Gewohnheitskiffer oft unsicher, ob Kontaktschwierigkeiten, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit oder depressive Stimmungstiefs tatsächlich etwas mit dem Kiffen zu tun haben. Gleiches gilt für die Tatsache, dass sie sich vieles wünschen, aber nicht „in die Gänge kommen“.
Unser Enkel ist erst 14. Kürzlich sagte er mir, dass er unbedingt mal einen Joint probieren will. Einmal sei keinmal. Stimmt das?
Nein, der Konsum von Cannabis ist generell mit Risiken für die Gesundheit verbunden und für Minderjährige nicht erlaubt. Auch einmaliger Konsum kann Angst und Panikgefühle, Verwirrtheit und Verfolgungswahn, Filmriss, übertriebene Empfindlichkeit, Halluzinationen, Herzrasen, Übelkeit oder Schwindel auslösen. Sprechen Sie mit ihm darüber. Gut ist natürlich, sich vor dem Gespräch ein kleines Grundwissen über Cannabis anzueignen, damit man sattelfest beim Argumentieren ist.
Was ist so gefährlich an Cannabis, dass man schon 18 sein muss, um zu kiffen?
Es ist der Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol, kurz THC. Das jugendliche Gehirn befindet sich noch in der Entwicklung und THC stört den Reifeprozess. Jugendliche, die regelmäßig Cannabis konsumieren, riskieren, dass sich ihre geistige Leistungsfähigkeit verringert und dass sie sich in ihrer Persönlichkeit nicht weiterentwickeln. Kiffen in jungen Jahren kann außerdem das Risiko für Schizophrenie erhöhen. Ob sich das Gehirn dauerhaft verändert und ob es einen Zusammenhang zu niedriger Intelligenz gibt, wird gerade erforscht.
Ich befürchte, dass unser Sohn (16) mit seinen Freunden kifft. Wenn ich ihn danach frage, reagiert er gereizt und wendet sich ab. Was kann ich in dem Fall tun?
Vereinbaren Sie einen für beide Seiten passenden Gesprächstermin. Steigen Sie nicht mit Vorwürfen ein. Auch verhörartige Gesprächstaktiken sind ungeeignet. Da ziehen sich die Jugendlichen eher zurück. Benennen Sie ganz sachlich Ihre Sorgen und Ängste. Lassen Sie ihm Zeit, sich dazu zu äußern.
Meine Tochter (15) vergisst in letzter Zeit viel. Sie meint sogar selbst, dass könne vom Kiffen kommen, aber aufhören will sie nicht. Was kann ich tun?
Ihre Tochter hat bereits einen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Sie sieht, dass kiffen auch negative Seiten hat. Fördern Sie diese kritische Ref lexion. Fragen Sie zum Beispiel, was sie erwartet, wenn sie weiter kifft wie bisher oder was sich verändern würde, wenn sie weniger kifft. Vielleicht führen diese Überlegungen dazu, dass sie beginnt, über einen Ausstieg nachzudenken.
Mein Sohn (16) macht mir Sorgen. Er kifft sehr oft. Als ich ihn darauf ansprach, erwiderte er, dass ich ja auch Drogen konsumiere, nämlich Alkohol. Kann man nun gar nichts mehr sagen?
Doch, aber man muss sich darauf einstellen, dass der eigene Konsum von Alkohol oder Nikotin oder Cannabis im Gespräch hinterfragt wird. Man sollte vorab den eigenen Konsum überdenken und eine klare Haltung einnehmen. Begründen Sie Ihre Sorge um ihn. Lassen Sie sich im Gespräch nicht provozieren. Ein Streitgespräch mit gegenseitigen Belehrungen ist nicht hilfreich.
Unser Sohn (16) hockt in seinem Zimmer, spielt am Computer und gibt sein ganzes Geld für Joints aus. Wie können wir ihn dazu bewegen, davon weg zu kommen?
Warum sollte Ihr Sohn etwas verändern? Er hat ein Zimmer, kann dort machen, was er will, er wird verpf legt, er kann kiffen und erhält dafür Taschengeld. Sie müssen entscheiden, ob Sie ihn weiter unter Ihrem Dach Drogen konsumieren lassen und ob Sie das etwa mit Taschengeld finanzieren wollen. Überlegen Sie es sich in Ruhe, und teilen Sie Ihrem Sohn dann Ihre Entscheidung sachlich mit. Wenn Sie etwas verändern - vielleicht verändert sich dann auch Ihr Sohn.
Meine Mutter meint, ich müsse viel konsequenter gegen das Kiffen meiner Tochter (17) vorgehen, zum Beispiel Stubenarrest androhen. Sollte ich das wirklich tun?
Konsequenzen sind wichtig. Drohungen sind es nicht. Sie belasten die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer Tochter. Aber Sie können Ihre Wohnung zu einer cannabisfreien Zone erklären. Sie können auch das Taschengeld kürzen, wenn Ihre Tochter damit Cannabisprodukte kauft oder die Ausgehzeit begrenzen, wenn sie in dieser Zeit kifft. Das Wichtigste ist aber, dass Sie mit ihr im Gespräch bleiben.
Informationen zum Thema Cannabis
Seit dem 1. April sind in einem ersten Schritt zunächst der Besitz, private Anbau und Konsum bestimmter Mengen Cannabis für Erwachsene erlaubt. Ab Juli sollen in einem zweiten Schritt sogenannte Anbauvereine staatlich kontrolliert unter strengen Auflagen Cannabis anbauen und an ihre Mitglieder abgeben dürfen. Cannabis verschwindet von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz. Menschen, die älter als 18 sind, dürfen jetzt in der Öffentlichkeit bis zu 25 Gramm der Droge mit sich führen, zu Hause sind maximal 50 Gramm erlaubt. Außerdem ist es gestattet, bis zu drei CannabisPflanzen zu Hause zu haben. In der Öffentlichkeit darf gekifft werden, aber nicht in der Nähe von Kindern und Jugendlichen, Schulen, Kitas, Spiel- und Sportplätzen und am Tage auch nicht in Fußgängerzonen. Für Jugendliche unter 18 bleibt Cannabis verboten.