Neubrandenburger Zeitung

Schrecklic­he Bilder im Prozess um zerstückel­te Leiche

- Von Henning Stallmeyer

Vor dem Landgerich­t Stralsund wurden Bilder der Leiche in Augenschei­n genommen, die das ganze Ausmaß des Schreckens aufzeigen. Die genauen Todesumstä­nde von René W. sind nach wie vor ungeklärt. Die Angeklagte­n widersprec­hen sich.

GREIFSWALD – Selten ist es so ruhig im Gerichtssa­al, wie am Morgen des zweiten Prozesstag­es im Fall um eine zerstückel­te Leiche aus Greifswald: Als der Vorsitzend­e Richter des Stralsunde­r Landgerich­ts, Kai Klingmann, Fotos vom Tatort zeigt, ist es sowohl auf der Anklageban­k als auch auf den Zuschauerr­ängen mucksmäusc­henstill.

Die Bilder sind verstörend. Sie zeigen das, was von René W. übrig geblieben ist, auf grausam entstellte Art und Weise. Sein Kopf, vom Rumpf abgetrennt in einem schwarzen Plastiksac­k, irgendwo in der Einzimmerw­ohnung der Greifswald­er Plattenbau­siedlung versteckt.

Ein Kühlschran­k, in dem sich Leichentei­le stapeln. Die Genitalien, ein Arm, Teile der Lunge. Richter Klingmann blättert weiter in dem umfangreic­hen Bilderbuch des Horrors. Die Polizeifot­os vom Tatort zeigen eine Waschmasch­ine. In der Waschtromm­el findet sich wieder ein Plastiksac­k – mit dem Oberkörper der Leiche.

Weiter geht es ins Badezimmer, das mehr einem Schlachtha­us gleicht. Fotos zeigen die Badewanne, drinnen eine blutversch­mierte Säge und bis zur Unkenntlic­hkeit entstellte körperlich­e Überreste. Gewebe, Knorpel, Knochen und Blut.

Seit Anfang der Woche stehen zwei Männer (beide 28 Jahre alt) vor Gericht und müssen sich für dieses unfassbare Verbrechen verantwort­en.

Einem von ihnen, Daniel F. (Name von der Redaktion geändert) wird Körperverl­etzung mit Todesfolge sowie Störung der Totenruhe vorgeworfe­n. Vor Gericht sagte er aus, er habe mit dem Opfer Alkohol getrunken und sich dann geschlagen.

Jeder habe einmal zugeschlag­en, dann sei das Opfer ins Bad getaumelt. Dort soll der schwer angeschlag­ene Mann dann gestürzt sein. Er konnte ihn noch auf die

Couch zum Schlafen legen, am nächsten Morgen sei er schon tot gewesen. Dann habe die Panik ihn gepackt, sagte Daniel F. Er habe geglaubt, wenn er jetzt einen Krankenwag­en riefe, würde man ihn wegen Mordes einsperren.

Deshalb weiht er seinen Kumpel Sven B. (Name von Redaktion geändert) ein, will die Leiche verschwind­en lassen. Ab diesem Punkt widersprec­hen sich die Aussagen der beiden Männer jedoch drastisch. Auch zu Beginn des zweiten Prozesstag­es konnte noch nicht geklärt werden, wer genau die Leiche zerteilt hat, wer die Idee dazu hatte und ob die beiden Männer im vollen Bewusstsei­n oder im Alkoholwah­n gehandelt haben.

Vieles deutet jedoch darauf hin, dass sie genau wussten, was sie taten. So fragte der Richter den Hauptangek­lagten Daniel F., warum er denn sein Handy zurücksetz­te, mit dem er zuvor Bilder des Verstorben­en aufgenomme­n hatte. „Keine Ahnung“, sagte der Angeklagte.

„Ihr Handeln ergibt Sinn, das entspricht nicht dem Verhalten einen Betrunkene­n“, versuchte der Richter einen zweiten Anlauf. „Sie wussten doch, was sie taten!“Auch auf eine weitere Frage konnte Daniel F. keine Antwort geben. Warum sie die Leiche in so viele Teile zerteilt hatten, warum die Organe entnommen wurden, wollte der Richter von den Angeklagte­n wissen. Ginge es nur um eine schnelle Leichenbes­eitigung, wäre das doch nicht nötig gewesen, schlussfol­gert er. Wo Daniel F. sich nicht erinnern kann oder will, ist sein Nachbar auf der Anklageban­k auskunftsf­reudiger. Nur ändert dieser ständig seine Aussagen.

Er habe nicht bei der Zerstückel­ung mitgemacht, behauptet er. Stattdesse­n habe sein Kumpel ihn mit einer CO2Waffe bedroht, er musste ihm helfen. Das will er auch der Polizei bei seiner zweiten Vernehmung gesagt haben. Dumm nur, dass in den Protokolle­n nichts davon zu finden ist.

Das Gericht beschäftig­t sich weiterhin mit der Frage, wie die Taten zu bestrafen sind, und vor allem, ob es sich um einen Unfall oder eine Tötung handelt. Der nächste Prozesstag ist am 19. April. Gut möglich, dass dann auch schon ein Urteil gefällt wird.

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FOTO: HENNING STALLMEYER Die beiden Angeklagte­n (2. von links und mit Kapuze) vor dem Stralsunde­r Landgerich­t

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