Zentralbank lässt Leitzins erneut unverändert
Die Inflation sinkt, und die Konjunkturaussichten verschlechtern sich. Die EZB wartet mit der ersten Zinssenkung seit Sommer 2022 dennoch ab.
FRANKFURT/MAIN – Die Europäische Zentralbank hält trotz der rückläufigen Inf lation zum fünften Mal in Folge am bestehenden Leitzins im Euroraum fest. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, liegt weiter bei 4,5 Prozent. Das entschied der EZB-Rat am Donnerstag. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, beträgt unverändert 4,0 Prozent. Volkswirte rechnen allgemein im Juni mit einer von Wirtschaft und privaten Kreditnehmern ersehnten Zinssenkung.
Die jüngste Entwicklung der Teuerungsrate mache die Währungshüter zuversichtlicher, aber „nicht hinreichend zuversichtlich“, hatte EZB
Präsidentin Christine Lagarde Anfang März gesagt. „Wir brauchen eindeutig mehr Beweise und mehr Daten. Wir werden im April ein wenig mehr wissen. Wir werden im Juni viel mehr wissen.“Im Juni legen die EZB-Experten neue Konjunktur- und Inf lationsprognosen vor.
Um die nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auf Rekordhöhe gestiegene Inf lation in den Griff zu bekommen, hatte die EZB seit Juli 2022 zehnmal in
Folge die Zinsen nach oben geschraubt. Kredite werden damit teurer. Das kann die Nachfrage bremsen und hohen Teuerungsraten entgegenwirken. Teurere Finanzierungen sind zugleich eine Last für die Wirtschaft und Privatleute, die sich Geld leihen wollen.
Zuletzt hatte sich die Inf lation im Euroraum stärker als erwartet abgeschwächt. Im März stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat nach einer ersten Schätzung um 2,4 Prozent. Volkswirte hatten mit 2,5 Prozent gerechnet. Im Februar hatte die Teuerung 2,6 Prozent betragen und im Januar 2,8 Prozent. Im März 2023 lag die Inf lation noch bei 6,9 Prozent.
Die Preisentwicklung nähert sich damit dem Ziel der EZB an, die mittelfristig eine jährliche Inf lationsrate von zwei Prozent anstrebt. Bei diesem Wert sehen die Währungshüter Preisstabilität gewährleistet. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kauf kraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Sie können sich dann für einen Euro weniger leisten.
Ein schneller Rückgang der Inf lation könnte Spielräume für Zinssenkungen eröffnen. Dafür spricht auch, dass sich die Aussichten für die Wirtschaft im Euroraum verschlechtert haben. Die EZB erwartete zuletzt nur noch 0,6 Prozent Wachstum in diesem Jahr. Im Dezember waren noch 0,8 Prozent vorhergesagt worden.