60 Tage Bettruhe als Test für lange Reisen durchs All
Für die Forschung sollen „terrestrische Astronauten“60 Tage ununterbrochen im Bett liegen. Das klingt erholsamer, als es ist. Und es gibt auch noch andere Tests.
KÖLN – Als Vorbereitung für einen möglichen Flug zum Mond oder Mars wollen Wissenschaftler genauer untersuchen, wie der menschliche Körper auf 60 Tage strikte Bettruhe reagiert. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sucht Freiwillige, die sich in Köln an der Studie beteiligen. Sie sollen als „terrestrische Astronauten“die lange Reise in der Schwerelosigkeit zu einem anderen Himmelskörper simulieren, indem sie 60 Tage in einem Bett mit abgesenktem Kopfteil liegen. Dabei wollen die Forscher untersuchen, mit welchen Methoden sich die von Astronauten gefürchteten Folgen der Schwerelosigkeit wie Schwindel und Koordinationsstörungen vermeiden lassen.
Die Betten der Studienteilnehmer seien um sechs Grad geneigt, sodass der Kopf niedriger liegt als die Füße. „Bei dieser Neigung verschieben sich die Flüssigkeiten im Körper fast genauso wie bei Astronautinnen und Astronauten im Weltall“, sagte Studienleiter Edwin Mulder am Mittwoch. „Der Druck im Kopf steigt, durch die körperliche Inaktivität bauen Muskeln und Knochen ab, der Gleichgewichtssinn ist verwirrt, und das Herz-Kreislauf-System verändert sich.“Die Folgen dieser körperlichen Veränderungen seien nach der Landung auf dem Mond oder Mars ein großes
Problem für Astronauten. „Das kann eine Mission gefährden“, betonte das DLR.
Gemeinsam mit der USRaumfahrtbehörde Nasa wollen die Forscher in Köln deshalb mehr über Effekte möglicher Gegenmaßnahmen herausfinden. Dafür werden etwa die Füße der Probanden mit Gurten an ein Brett gepresst, um dem Körper das Gefühl zu geben, er würde stehen. Eine weitere Gruppe macht zusätzlich Kraft- und Ausdauertraining. Bei einer dritten Gruppe werden die Muskeln mit elektrischen Impulsen ( EMS) stimuliert.
Bettruhestudien seien bereits seit den 1980er-Jahren üblich und hätten wichtige Erkenntnisse für die Raumfahrt gebracht, teilte das DLR mit. Derzeit stünden vor allem Langzeitmissionen etwa zum Mars im Fokus der Forschung. Die Teilnehmer der aktuellen Studie, die im September starten soll, erhalten für die 60 Tage im Bett eine Aufwandsentschädigung von 18.000 Euro. Leicht verdientes Geld sei das nicht, betonte Studienleiter Mulder. Zwei Monate lang ununterbrochen zu liegen, sei eine „echte Herausforderung“. Bewerben können sich Personen zwischen 24 und 55 Jahren, die eine Körpergröße von 1,53 bis 1,90 Meter und einen BMI von 18 bis 30 haben. Sie müssen gesund sein, Nichtraucher und gut Deutsch sprechen.
Auch auf andere Art laufen Vorbereitungen für weite Reisen von Menschen durchs All: So haben sechs sogenannte Analog-Astronauten aus verschiedenen Nationen bei einer knapp vierwöchigen Simulation Erkenntnisse für einen Aufenthalt auf dem Mars gesammelt. Dazu sei in Armenien ein entsprechendes Testgelände eingerichtet worden, teilte das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF) mit. „Diese Expedition ist der authentische Probelauf für die astronautische Erforschung des Roten Planeten und wird von einem speziellen Mission Support Center in Österreich geleitet“, hieß es.
Die Analog-Astronauten leben in einem eigens entwickelten Habitat und können diese Räume nur in ÖWFRaumanzug-Prototypen verlassen. Mehr als 200 Forscher aus 25 Ländern sind den Angaben zufolge an dem Projekt unter österreichischer Führung beteiligt. Es war bereits die 14. Mars-Analog-Mission des ÖWF.