Mit seinem Bagger hat er den Oststadt-Elfgeschosser abgerissen
Ein DDR-Block mit 11 Geschossen ist in Neubrandenburg abgerissen worden. Dafür brauchte es nur wenige Männer. Aber für die war die Arbeit schon etwas Besonderes.
NEUBRANDENBURG – Es braucht nur einen Mann, um den Koloss zu stürzen. Dieser Mann heißt Untea Jonut und fährt eine Maschine, die ihresgleichen sucht.
Mithilfe eines sogenannten Longfront-Abrissbaggers hat er den elfgeschossigen DDRBlock in der Villejuifer Straße in Neubrandenburg abgerissen. Drei Wochen dauerten die Arbeiten, für die seine Hamburger Firma mit schwerem Gerät engagiert wurde. „Ich bin der einzige aus meiner Firma, der den fahren kann“, sagt Jonut und grinst.
Martin Millich von der Neustrelitzer Abrissfirma Freerck ist mit den Arbeiten zufrieden. Es sei alles gut gelaufen, sie seien zügiger als erwartet vorangekommen. Für ihn und seine Leute, zu sechst waren sie insgesamt, sei es kein alltäglicher Auftrag gewesen. „Das ist schon was Besonderes. Sonst sind es meistens Vier- oder Sechsgeschosser, die wir abreißen“, so Millich. Der Block in der Neubrandenburger Oststadt steht schon eine Weile leer, im Sommer 2022 zogen die letzten Bewohner aus. Vor Jahren war ursprünglich eine Sanierung des Gebäudes geplant gewesen, doch dann tauchte 2007 ein Riss auf, der vom ersten bis zum elften Stock reichte.
Der Abriss, der daraufhin beschlossen wurde und mit dem kurz nach Ostern begonnen wurde, hatte einige Tücken. Die einzelnen Platten konnten zwar nach Baukastenprinzip abgerissen werden. Doch einige der unteren mussten bis zum Ende für die Stabilität stehenbleiben. „Sonst wäre die Außenwand einfach umgekippt“, erklärt Martin Millich.
Zudem musste sich auch um tierische Anwohner gekümmert werden. Während der Entkernung wurden Fledermäuse, Mauersegler und Haussperlinge festgestellt. Laut Projektleiter Kay Reinders von der Neubrandenburger Wohnungsgesellschaft (Neuwoges) wurden die Tiere bei den Arbeiten nicht verletzt oder getötet. Schon weit im Voraus wurden die Einf lugschneisen von außen dicht gemacht; die Tiere konnten laut
Kay Reinders raus, aber nicht mehr hineinf liegen.
Die Vögel und Fledermäuse mussten nun zwar umziehen, bleiben aber in ihrem Revier: Ausweichquartiere wurden an den Außenwänden von Wohnblöcken in der Koszaliner Straße geschaffen. „Da ist Platz für etwa 2000 Tiere“, so Reinders.
Bis der Schutt des ehemaligen Zuhauses vieler Menschen und Tiere weg ist, dauert es voraussichtlich noch zwei Monate. Der Beton wird, wenn er frei von Schadstoffen ist, anschließend für den Straßenbau wiederverwendet. Über den ehemaligen Wohnblock rollen so wahrscheinlich bald Autos.
An der Ecke Koszaliner/Villejuifer Straße, wo der Block stand, wird vorerst eine Grünf läche entstehen. Anschließend beraten die Neuwoges und die Stadt über eine Nachnutzung. Geplant sei, dass an diesem Standort wieder Wohnungen entstehen.