49-Jähriger nach Urteil wegen Kindesmissbrauchs noch frei
Das Landgericht Neubrandenburg sprach im Dezember einen 49-Jährigen aus der Müritzregion des sexuellen Missbrauchs an Kindern schuldig. Der Mann soll für sechs Jahre in Haft. Nun befasst sich allerdings erstmal der Bundesgerichtshof mit den Unterlagen.
NEUBRANDENBURG – Der 49jährige Mann aus der Müritzregion, der im Dezember wegen sexuellen Kindesmissbrauchs in 17 Fällen zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, will das Urteil weiterhin nicht akzeptieren. Die Verteidiger des früheren Schwimmtrainers halten ihre Revision gegen die Entscheidung auch nach der Begründungsfrist weiterhin aufrecht, wie ein Sprecher des Landgerichtes Neubrandenburg am Mittwoch dieser Zeitung sagte. Inzwischen haben alle beteiligten Seiten die umfassende Urteilsbegründung erhalten und dazu Stellung genommen, darunter die Familien der Nebenkläger, die Staatsanwaltschaft sowie die Verteidiger. Die Unterlagen lägen inzwischen beim Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig.
Mit einer Entscheidung des BGH rechnen die Prozessbeteiligten frühestens im Herbst 2024 oder auch erst zum Jahresende. Der BGH kann unter anderem bei Fehlern eine Neuverhandlung an einer anderen Kammer des Landgerichtes anordnen, aber auch die Revision verwerfen, womit das Urteil rechtskräftig werden könnte. Erst dann müsste der 49-Jährige seine Haftstrafe antreten.
Das Landgericht Neubrandenburg hatte den 49 Jahre alten Mann im Dezember 2023 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Angaben der vorsitzenden Richterin
Daniela Lieschke hatte der Mann das Vertrauensverhältnis zu den damals 10 und 11 Jahre alten Jungen aus zwei befreundeten Familien ausgenutzt.
Die Taten sollen sich zwischen Mitte 2018 bis März 2021 im Haus des Verurteilten in einem Dorf bei Waren an der Müritz, in einem Schwimm- und Spaßbad, wo der Verurteilte als Schwimmtrainer arbeitete, in der Wohnung eines Bekannten und in einer Dusche auf einer gemeinsamen Kreuzfahrt mit einer befreundeten Familie ereignet haben. Der Verurteilte hatte im Prozess, der weitgehend ohne Öffentlichkeit ablief, geschwiegen.
Zwei psychologische Gutachter hätten die Aussagen der Jungen in dem Prozess als „glaubhaft“eingestuft. Aussagen von Familienangehörigen hätten das Ganze glaubhaft ergänzt, sagte die Richterin. Die inzwischen jugendlichen Jungen waren in dem Verfahren mehrfach angehört worden. Sie sollen den Angeklagten nicht über das nötige Maß hinaus belastet haben, hieß es damals. Mit dem Urteil war die Kammer der Staatsanwaltschaft gefolgt, die sechs Jahre Haft gefordert hatte. Die Verteidiger des 49-Jährigen hatten auf Freispruch plädiert, da sie die Vorwürfe für nicht bewiesen hielten.
Sönke Brandt als Anwalt des am meisten betroffenen Jungen, der 16 Mal missbraucht wurde, nannte das Urteil „angemessen“. So betrachtete es die Kammer unter anderem als erwiesen, dass der Mann seinem Sohn und dessen Freund 2018 unter anderem zu Hause einen Fernseher angeschaltet hatte. Dann sei er ins Hochbett zu dem minderjährigen Freund seines Sohnes gestiegen und habe sexuelle Handlungen an ihm vorgenommen, die das Gericht auch detailliert benannte. Das Gleiche soll auch in einer Sauna eines Spaßbades und beim Duschen geschehen sein.
Der 49-Jährige wurde in 13 Fällen wegen sexuellen Missbrauchs und in vier Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs schuldig gesprochen. Für Letzteres liegt die Strafe im Einzelfall in der Regel deutlich höher. Das Landgericht ließ die Anklagen zu 22 weiteren Fällen als „unbewiesen“aber auch fallen. Beim Strafmaß war dem Verurteilten zugutegehalten worden, dass er bisher nicht straffällig gewesen war und keine körperliche Gewalt angewendet habe.
Die Missbrauchsfälle waren bekannt geworden, nachdem einer der Jungen einer Familienangehörigen davon erzählt und diese das den Eltern berichtet hatte, sodass die Polizei eingeschaltet wurde.