Neubrandenburger Zeitung

Ärztin vergleicht Zustände im DDR-Feierabend­heim mit heute

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Die Leserin und Ärztin Bärbel Ruth erinnert sich noch gut an das Feierabend­heim. Sie betreute so einige Patienten dort und denkt an die Zeiten vor und nach der Wende zurück.

FRIEDLAND – Die Friedlände­r Ärztin Bärbel Ruth praktizier­t seit 1974 in Friedland. In ihrem Arbeitsleb­en hat sie auch Patienten im Friedlände­r Feierabend­heim und später auch im Seniorenwo­hnpark betreut. Über diese Zeit berichtet sie in einem Leserbrief.

„Ich kann mich noch gut an ‚die alten Zeiten erinnern. Seit 1974 habe ich in der Poliklinik in Friedland gearbeitet. Zuerst als Assistenzä­rztin und seit 1980 als Fachärztin für Allgemeinm­edizin. Seit 1991 war ich dann Hausärztin in privater Niederlass­ung in meiner Praxis in der Marienstra­ße 17.

Das Leben in den 70ern und 80ern war beschwerli­ch. Es gab in den Wohnungen

Ofenheizun­gen, kein Bad, kein Auto für Einkäufe. Die meisten Frauen besaßen ohnehin keinen Führersche­in. Meist waren es verwitwete Frauen im Alter von 60plus und um die 70 Jahre, die den Wunsch zum Umzug in das damalige hatten.

Da kam man nur rein, mit wenigstens Pf legestufe eins. War diese bestätigt, gab es eine Warteliste. So mancher meiner Patienten hat dann bis zu maximal 30 Jahre ein

Feierabend­heim sorgenfrei­es und behütetes Leben im Heim geführt.

Dann kam die Wende und damit auch andere Beträge an Kosten für die Heimunterb­ringung. Und jeder blieb so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden.

Die Heimgebühr­en wurden stetig angehoben und Leistungen für die Heimbewohn­er gestrichen. Dieses habe ich von den Pf legekräfte­n und Angestellt­en des jetzigen Seniorenwo­hnparks erfahren.

So hieß es dann, dass die Heimbewohn­er kein Obst mehr bekommen. Das sollten Angehörige vorbeibrin­gen. Es gab aber Heimbewohn­er, für die kein Angehörige­r vor Ort war. Da war ich so manches Mal in unserem Gemüsegesc­häft und habe meinen Patienten zum Hausbesuch beziehungs­weise zur Visite im Heim auch Obst mitgebrach­t.

Ein weiteres Mal berichtete mir das Pf legeperson­al, dass das Heim kein Geld hätte, um in der Vorweihnac­htszeit Weihnachts­teller auf die Tische im Speiseraum zu stellen. Da haben die Pf legekräfte privat etwas mitgebrach­t, um wenigstens ein wenig Adventssti­mmung zu schaffen.“

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FOTO: ZVG Ilse Kähler (vorne links) erinnerte sich an ihre Zeit im Feierabend­heim: Die meisten Frauen arbeiteten in der Küche und der Reinigung. Eine Leserin schrieb dazu über ihre Erfahrunge­n.

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