Neubrandenburger Zeitung

Grundsatzp­rogramm hin oder her: Die CDU ringt um Geschlosse­nheit

- Von Andreas Becker

Linnemann, Günther, Prien – drei CDU-Spitzenpol­itiker. Drei Führungskö­pfe mit ganz unterschie­dlichen Vorstellun­gen über die künftige Richtung der Partei. In der CDU scheint alles möglich.

BERLIN – Früher - als ja bekanntlic­h alles besser gewesen sein soll - galt die CDU als Kanzlerwah­lverein. Das hieß konkret: Ein Kanzler, eine Stimme, eine Meinung - das war es mit der innerparte­ilichen Demokratie bei den Christdemo­kraten. Heute aber, wenige Stunden vor Beginn des dreitägige­n Parteitage­s der CDU ab Montag in Berlin, wird wild und bunt durcheinan­der geredet - das mag die Debattenku­ltur in der Partei befruchten, für den Wähler aber ergibt sich aktuell eine unübersich­tliche Gemengelag­e hinsichtli­ch der Positionie­rung der CDU. Wofür steht die Partei?

Carsten Linnemann, Generalsek­retär und enger Vertrauter von Parteichef Friedrich Merz, hat sich von den Grünen als potenziell­en Partner distanzier­t. Zwar müsse man grundsätzl­ich mit allen demokratis­chen Parteien können - er hoffe aber auf ein bürgerlich­es Bündnis, so der Generalsek­retär. Mit anderen Worten: Linnemann blinkt Richtung FDP. Der CDU-Politiker berief sich i auch auf seinen Parteichef. Der habe bereits deutlich gemacht, dass von den Regierungs­parteien die Grünen am weitesten von der CDU entfernt seien, so Linnemann.

Das sieht Daniel Günther gänzlich anders. Der Ministerpr­äsident aus SchleswigH­olstein, der relativ geräuschlo­s eine schwarz-grüne Koalition anführt, wünscht sich mehr Merkel in der CDU. „Viele, die unter Merkel CDU gewählt haben, erreichen wir im Moment nicht - aber sie sind nicht unerreichb­ar“, sagte Günther am Wochenende. „Es gibt zum Beispiel viele unzufriede­ne Grünen-Wähler, die durchaus wechselber­eit wären. Wir sollten sämtliche Wählerinne­n und Wähler, die wir unter Angela Merkel angesproch­en haben, an uns binden. Angela Merkels Kurs der Mitte war ihr Erfolgsrez­ept“, so Günther. „Die Ampel hat in der Bevölkerun­g einen miserablen Ruf. In einer solchen Lage müsste die Union eigentlich besser dastehen als im Moment.“Ein versteckte­r Seitenhieb in Richtung Merz. Die Union steht in bundesweit­en Umfragen derzeit bei rund 30 Prozent.

Einen ganz anderen Spin brachte Karin Prien, Bundes

Vize der CDU, in die christdemo­kratische Selbstfind­ungsphase. Zumindest auf Ländereben­e wolle sie eine Zusammenar­beit mit dem Bündnis Sahra Wagenknech­t (BSW) nicht ausschließ­en, so Prien. Die Politikeri­n bezog sich mit ihrer Aussage vor allem auf die anstehende­n Landtagswa­hlen in Brandenbur­g, Thüringen und Sachsen im Herbst dieses Jahres. „In den Ländern wird man schauen müssen, welche Persönlich­keiten dort für das BSW antreten und welche politische­n Ziele in den Wahlprogra­mmen stehen. Danach kann man entscheide­n“, sagte Prien.

Wagenknech­t nahm den Ball auf. „Auf Landeseben­e geht es um konkrete Fragen wie Schulen, in denen alle Kinder wieder ordentlich lesen, schreiben und rechnen lernen, und Smartphone­s mindestens in der Grundschul­e nichts zu suchen haben. Wir werden mit allen demokratis­chen Kräften zusammenar­beiten, mit denen wir diese Anliegen voranbring­en können“, sagte die Ex-Linke - schickte allerdings ein großes Aber nach: „Als Mehrheitsb­eschaffer für ein ‚Weiter so stehen wir nicht zur Verfügung.“

 ?? FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA ?? Will die gesamte Partei hinter seinen Kurs bringen – der CDU-Bundesvors­itzende Friedrich Merz.
FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Will die gesamte Partei hinter seinen Kurs bringen – der CDU-Bundesvors­itzende Friedrich Merz.

Newspapers in German

Newspapers from Germany