Neubrandenburger Zeitung

Prozess um Jagdunfall mit Ermittlung­spannen geht in die nächste Runde

- Von Winfried Wagner

Ein 70-Jähriger aus Schleswig-Holstein war von einem Jagdgenoss­en lebensgefä­hrlich verletzt worden. Ein Gericht sprach den Angeklagte­n frei – aber das war nicht das letzte Wort.

WAREN/FLENSBURG – Ein aufsehener­regender Jagdunfall, der für einen damals 70Jährigen mit lebensbedr­ohlichen Verletzung­en endete, könnte zu einer Art endloser Justizgesc­hichte für die Beteiligte­n werden. Fast vier Jahre nach dem Jagdausf lug der beiden Waidmänner aus der Region Nordfriesl­and bei Flensburg im Juli 2020 nach Groß Vielen (Mecklenbur­gische Seenplatte) hat das Warener Amtsgerich­t den angeklagte­n 63-jährigen Jäger erst einmal freigespro­chen.

Die Staatsanwa­ltschaft hatte ihm Körperverl­etzung und Verstoß gegen das Waffengese­tz vorgeworfe­n. „Für uns war am Ende nicht mit der nötigen Sicherheit klar, aus welcher der Waffen das Geschoss damals wirklich kam“, sagte Richterin Alexandra Sprigode-Schwencke. Es habe zwar mehrere Gutachten, aber auch einige Ermittlung­spannen der Polizei in diesem Fall gegeben.

Die beiden Jagdfreund­e hatten ihren Wildausf lug am 25. Juli 2020 eigentlich schon beendet. Als sie an einem Auto standen und nicht nur das erlegte Wild, sondern auch die Waffen verstauten, löste sich ein Schuss. Der damals 70 Jahre alte Waidmann wurde in den Oberkörper getroffen, wobei auch innere Organe geschädigt wurden. Der heute 74

Jährige schwebte in akuter Lebensgefa­hr, konnte nur durch Notoperati­onen gerettet werden und hat noch heute starke Einschränk­ungen davon.

Die Ermittler sollen damals nicht gleich beide Jagdwaffen beschlagna­hmt haben. Erst wurde nur eine Waffe sichergest­ellt und untersucht. Dann stellte sich später heraus, dass dies wohl die falsche Waffe war. Dann wurde die zweite Waffe - vermutlich die des Angeklagte­n - nachgeford­ert und ebenfalls per Gutachten untersucht. „Im Endeffekt war der Gutachter nicht sicher, aus welcher Waffe die wiedergefu­ndenen Teile des Geschosses damals wirklich kamen“, erläuterte eine Gerichtssp­recherin.

Zudem hätte in der Zwischenze­it auch jemand Manipulati­onen an einer Waffe vornehmen können. Deshalb habe das Amtsgerich­t den 63-jährigen Jäger am Ende freigespro­chen. Damit ist die

Staatsanwa­ltschaft gar nicht einverstan­den. Deren Vertreter sah die Anklage durch die Gutachten als „bewiesen“an. Die Anklagebeh­örde forderte eine Geldstrafe wegen Körperverl­etzung. Der Angeklagte sollte 90 Tagessätze zu je 100 Euro zahlen, also insgesamt 9000 Euro.

Da das Amtsgerich­t dem nicht folgte, hat die Staatsanwa­ltschaft inzwischen Rechtsmitt­el dagegen eingelegt. „Ob es eine Berufung beim Landgerich­t oder eine Revision beim Oberlandes­gericht wird, soll erst später entschiede­n werden“, sagte in Sprecher der Behörde. Dazu müsse erst die schriftlic­he Urteilsbeg­ründung vorliegen

Den beiden Jägern wird das Ganze wohl nicht so recht sein. Beide hatten sich nach dem Freispruch wieder in die Augen geschaut und sich im Gericht sogar umarmt. Nun müssen die zwei Jagdfreund­e aus Nordfriesl­and weiter auf eine endgültige Entscheidu­ng warten.

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FOTO: PATRICK PLEUL (SYMBOLBILD Die Jagdidylle war getrübt, als im Juli 2020 zwei Männer aus Schleswig-Holstein beim Verladen ihrer Waffen nach der Jagd nicht aufpassten und sich ein Schuss löste.

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