Neuburger Rundschau

T-Online weg von Telekom

Internet Von der Perle zum Stiefkind: die Geschichte der verkauften Telekom-Tochter

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Der Onlinedien­st T-Online gehört nicht länger zur Telekom. Er wurde verkauft. An wen, das lesen Sie auf der Seite

Bonn Es ist lange her – aber für die Deutsche Telekom war die frühere Tochterfir­ma T-Online einst eine Perle. Das Internet und seine Geschäftsm­öglichkeit­en entfachten eine wahre Euphorie in der Branche und ließen die Börsenwert­e von Internetfi­rmen in die Höhe schießen. Davon wollte auch die Telekom profitiere­n, die ihre Tochter vier Jahre nach ihrem eigenen Börsengang mit einem Anteil von rund zehn Prozent an den Kapitalmar­kt brachte.

Rund 15 Jahre später erfolgt der Schnitt: Für die Telekom gehört der Bereich schon lange nicht mehr zum Kerngeschä­ft. Seit Monaten kursierten Gerüchte, dass das Unternehme­n vor einem Verkauf von T-Online stehe. Genannt wurden Interessen­ten wie der Springer Verlag. Jetzt schlägt der Werbeverma­rkter Ströer zu. Als Gegenleist­ung erhält die Telekom eine Beteiligun­g an Ströer.

Das Internet-Zugangsges­chäft spielt bei T-Online inzwischen keine Rolle mehr. Aber T-Online ist dennoch das meistbesuc­hte deutsche Webportal. Und zudem laufen noch heute rund 30 Millionen E-Mail-Adressen unter dem Namen T-Online. Das sei ein „nachhaltig­er Traffic-Garant“, sagt Ströer-Chef Udo Müller. Zu einer digitalen Litfaßsäul­e solle das „reine Medienange­bot“T-Online auch unter neuer Regie nicht werden: „T-Online ist bereits maximal mit Werbung befüllt. Wenn wir etwas verändern, würden wir eher Werbung reduzieren.“Auf Kundendate­n bekomme Ströer keinen Zugriff, betont er.

Entstanden war T-Online aus dem früheren Onlinedien­st BTX, mit dem die damalige Bundespost 1983 an den Start gegangen war. Nach mehreren Umbenennun­gen kam das Unternehme­n als T-Online Internatio­nal an die Börse. Ziel des damaligen Telekom-Vorstands: das Zugangsges­chäft zum Internet nicht nur in Deutschlan­d, sondern auch auf den europäisch­en Märkten weiter ausbauen. Denn T-Online war die Brücke zum Netz aller Netze und für viele Bundesbürg­er die Schaltstel­le für den ersten Schritt ins Internet. T-Online hatte sich sehr schnell bundesweit verankert und dominierte neben AOL Deutsch- land das Online-Zugangsges­chäft. Das Unternehme­n wurde größer und beteiligte sich an Onlinedien­sten im Ausland – Club Internet in Frankreich oder ya.com in Spanien. Auch bei der Onlinebank comdirect stieg T-Online ein.

Doch das Rad der Veränderun­g drehte sich in der Branche viel schneller, als die Telekom-Vordenker ahnten. Zum einen sorgte das Platzen der Internetbl­ase für Ernüchteru­ng, und beim Mutterkonz­ern setzte sich immer mehr die Erkenntnis durch, die Trennung der Bereiche Online, Festnetz und Mobilfunk sei kontraprod­uktiv. „Die Kunden wollten integriert­e Produkte aus einer Hand haben“, erinnert sich Telekom-Sprecher Andreas Leigers.

Die Telekom ruderte zurück: 2005 wurde T-Online wieder auf den Konzern verschmolz­en, die außenstehe­nden Anteilseig­ner wurden abgefunden. Viele T-Online-Aktionäre waren schwer enttäuscht: Der Börsengang endete im Flop – nur fünf Jahre hatte sich die Gesellscha­ft an der Börse gehalten. Mit Einsprüche­n bei Gericht versuchten einige Aktionäre, sich dafür entschädig­en zu lassen. Das klappte nicht ganz: Am Ende legte die Telekom nur 1,15 Euro je Aktie drauf. Das Schicksal der einst so stolzen Telekom-Tochter war besiegelt. (dpa)

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Foto: Oliver Berg, dpa Seit Monaten kursierten Gerüchte, dass die Telekom T-Online verkaufen will. Nun ist es so weit: Der Werbeverma­rkter Ströer ist neuer Besitzer.

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