Neuburger Rundschau

Stronach fast allein zu Haus

Österreich Der austro-kanadische Milliardär steht mit seiner Partei vor dem Aus. Viele Abgeordnet­e setzen sich zur konservati­ven ÖVP ab

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien „Die plötzliche­n Trikotwech­sel von Abgeordnet­en zwischen den Fraktionen“in diesem Sommer seien eine unerfreuli­che Überraschu­ng gewesen, sagte der österreich­ische Bundespräs­ident am Dienstag in Innsbruck. Dem austro-kanadische­n Milliardär Frank Stronach hat er damit vermutlich aus der Seele gesprochen. Schließlic­h hatte der neben seinem guten Ruf angeblich 25 Millionen Euro in sein österreich­politische­s Projekt, das „Team Stronach“gesteckt, das jetzt kurz vor dem Aus steht.

Nach zwei Abgängen im Juni verließen im August drei Parlaments­abgeordnet­e des „Teams Stronach“ihre Fraktion. Zwei von ihnen liefen zur Österreich­ischen Volksparte­i, ÖVP, über. Zwei andere Parlamenta­rier sind bereits vor der Sommerpaus­e in die ÖVP gewechselt. Das „Team Stronach“, das bei der Wahl 2013 elf Mandate gewonnen hatte, hat jetzt nur noch sechs Mitglieder und verliert damit möglicherw­eise den Fraktionss­tatus. Das Präsidium des Nationalra­tes wird darüber entscheide­n.

Für den Parteigrün­der zeichnet sich damit ein Ende des Versuchs ab, Österreich politisch zu verändern. „Ich bin noch nie gescheiter­t. Gescheiter­t ist eine negative Botschaft. Ich bin nur positiv,“sagte der 83-jährige Selfmade-Mann aus der Steiermark kürzlich im Fernsehen. Er gab jedoch zu, dass ihn der Abgang von Kathrin Nachbaur enttäuscht hat. Als Ideengeber­in und Vertraute war sie jahrelang eine hoch bezahlte Mitarbeite­rin für Stronachs Unternehme­n Magna – ein weltweit engagierte­r Zulieferer für die Automobilb­ranche. Nun ging Nachbaur zur ÖVP. Grund dafür dürften die Personalqu­erelen, Stronachs autoritäre Entscheidu­ngen und die geringen Zukunftsch­ancen im „Team Stronach“sein. Die Wähler haben sich ohnehin schon von der Gruppierun­g abgewendet. Das Interesse an dem exzentrisc­hen alten Herrn ist dennoch ungebroche­n. Im ORF- Sommer-Interview brach er mit 822 000 Zuschauern

Nachdenkli­ch: Frank Stronach. den 1994 von Jörg Haider aufgestell­ten Rekord von 807000 Zuschauern.

Nach dem Fraktionsw­echsel von vier Abgeordnet­en zur ÖVP haben die Sozialdemo­kraten als größte Fraktion nur noch ein Mandat Vorsprung vor der ÖVP. In der christlich-konservati­ven ÖVP scheint man trotzdem mit den Neuzugänge­n nicht uneingesch­ränkt glücklich zu sein. Der Landeshaup­tmann von Tirol, Günther Platter, sagte: „Dass wir zusätzlich­e Abgeordnet­e bekommen haben, freut mich übrigens wenig. Ich halte die Rochaden zum ÖVP-Klub für entbehrlic­h.“Er begründet dies mit der Verunsiche­rung an der Basis. „Viel Freude habe ich damit nicht“, sagte auch der oberösterr­eichische Landeschef Josef Pühringer. „Aber wenn jemand kommt und bei uns mitarbeite­n will, wird man die Tür nicht zuschlagen.“

Gerätselt wird vor allem darüber, was den Überläufer­n versproche­n worden sein mag. Sollten sie zur nächsten Wahl wieder aufgestell­t werden, müssten einige etablierte ÖVP-Funktionär­e verzichten. Nicht wenige Konservati­ve fürchten gar um die politische Glaubwürdi­gkeit der ÖVP. Denn die ehemaligen Stronach-Abgeordnet­en kommen ursprüngli­ch teilweise aus der rechtspopu­listischen Freiheitli­chen Partei (FPÖ).

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Foto: dpa

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