Das Siesta-Dorf
Hitze Wo ein Bürgermeister seinen Mitbürgern den Mittagsschlaf verordnet
empfiehlt Bürgermeister Joan Faus, dass sich die Einwohner nach dem Mittagessen doch bitte aufs Ohr legen mögen, um die heißesten Stunden des Tages, ohne Hitzschlag zu überstehen.
Die Menschen der 1400-SeelenGemeinde sind äußerst gehorsame Bürger: Von zwei bis fünf Uhr nachmittags, wenn die erbarmungslose Sonne den Boden beinahe zum Glühen bringt, fällt das ganze Dorf in Tiefschlaf. Geschäfte, das kleine öffentliche Freibad und sogar die Dorfschenke schließen. Straßen und Plätze liegen wie ausgestorben da.
Schon seit Jahren wird dieser Mittagsschlaf-Erlass jeden Sommer in Kraft gesetzt. So ist die Gemeinde Ador zu Spaniens bekanntestem Siesta-Dorf geworden. In dem Bürgermeister Joan Faus, ein 67-jähriger pensionierter Lehrer, natürlich mit gutem Beispiel vorangeht und es sich nachmittags auf dem Sofa gemütlich macht. „Die Siesta“, meint Ortsvorsteher Faus, „ist gut fürs Wohlbefinden.“
Erst recht in einem Bauerndorf wie Ador, in dem viele Menschen auf den umliegenden Orangenplantagen arbeiten. Und in dem die Leute wegen der großen Hitze im Som- mer noch früher als gewöhnlich aufstehen, um auf den Feldern zu schuften. Mittags flüchten sie dann vor den hohen Temperaturen und kehren nach Hause zurück, um sich auszuruhen. „Das Siesta-Gesetz beinhalte in Wirklichkeit freilich nur eine Empfehlung und keine Pflicht“, räumt Bürgermeister Faus ein. Die Verordnung bitte zudem all jene, die nicht zur Siesta-Zeit die Augen schließen wollen, wenigstens keinen Lärm zu machen. Und wer unerhörterweise doch gegen den Siesta-Erlass verstößt? Der muss mit dem Zorn der Dörfler rechnen – eine schlimme Strafe.