Neuburger Rundschau

Tschüss, Robert T. Online!

Kommentar

- VON TOBIAS SCHAUMANN scht@augsburger-allgemeine.de

Robert T. Online wird sich im Grabe umdrehen. Der semmelblon­de Snob, der den Deutschen einst den Börsengang von T-Online schmackhaf­t machen sollte, hätte es nie verwunden, an eine Werbefirma verkauft zu werden. War doch die schöne Internet-Tochter T-Online einst der große Stolz des Bonner Riesen – und MaßanzugTr­äger Robert ihr virtueller Traum-Schwiegers­ohn.

Das ist lange her. Schon um die Jahrtausen­dwende waren Teile der Telekom-Familie zerbrochen. Der Konzern blieb vom Crash des Neuen Marktes nicht verschont. Im Gegensatz zu anderen Unternehme­n, die der Börsen-Tsunami nur so wegspülte, behielt T-Online aber immer eine Basis.

Bis heute verfügen viele Deutsche über eine magentafar­bene E-Mail-Adresse. Und wenn sie ihre Zuschrifte­n bearbeiten, loggen sie sich meist über das T-Online-Portal in ihr Postfach ein. Das verschafft der Telekom zwangsläuf­ig höchste Zugriffsza­hlen.

Diese „Reichweite“, wie Fachleute die Nutzerzahl einer Webseite nennen, stellt einen immensen Wert dar. Sonst hätte der neue Eigentümer nicht hunderte Millionen Euro auf den Tisch gelegt, wie spekuliert wird. Die Fähigkeit, eine Menge loyaler Nutzer an eine Marke im Netz zu binden, entscheide­t über Erfolg und Misserfolg.

Dass T-Online in dieser Form Geschichte ist, wird die meisten Menschen nicht irritieren, solange sie die Produkte und Services der Marke wie gewohnt nutzen können. Und die ehemaligen Aktionäre werden weiter ihre Wunden lecken. Robert T. Online haben sie ohnehin nicht in guter Erinnerung.

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