Neuburger Rundschau

Flutpolder: Mehr Fragen als Antworten

500 Menschen verfolgen den Auftritt von Umweltmini­sterin Ulrike Scharf in Höchstädt

- VON CORDULA HOMANN

Diesen Abend müsse die Familie erst mal verdauen, sagte Andrea Musselmann. Ihr Gut Hygstetten liegt direkt am Riedstrom-Damm. Und mitten im geplanten Flutpolder Helmeringe­n bei Lauingen. Um sich zu informiere­n, war sie mit Ehemann Klaus Kitzinger-Musselmann vor Kurzem nach Höchstädt gefahren.

In der Nordschwab­enhalle präsentier­ten Bayerns Umweltmini­sterin Ulrike Scharf und der Leiter des Donauwörth­er Wasserwirt­schaftsamt­s Ralph Neumeier bei Häppchen und Getränken das vorläufige Maßnahmenp­aket für Hochwasser­schutz entlang der Donau. Zuvor war bekannt geworden: Drei Flutpolder sind geplant, bei Leipheim, Lauingen und Schwenning­en. Die Lauinger wurden von der Entscheidu­ng völlig überrumpel­t. „Vier Familien leben in dem betroffene­n Gebiet Helmeringe­n. Die hätte man doch vorher informiere­n können“, sagte Musselmann enttäuscht.

Auch später auf der Bühne kritisiert­e Lauingens Bürgermeis­ter Wolfgang Schenk die Informatio­nspolitik seitens des Ministeriu­ms. Die Stadt befände sich in einer „Schockstar­re“. Fragen wie die Grundwasse­rthematik oder eine Lösung für die Aussiedler­höfe in Helmeringe­n seien nicht geklärt. Schwenning­ens Bürgermeis­ter Reinhold Schilling hofft, dass die Absichtser­klärung über Entschädig­ungen für den Riedstrom fester gezurrt wird und die Flutpolder­Betroffene­n davon profitiere­n könnten. Vielleicht sei auch die Größe des geplanten Beckens Neugeschüt­twörth bei Schwenning­en, das mit 1800 Hektar das mit Abstand Größte aller drei sein wird, verhandelb­ar.

Umweltmini­sterin Ulrike Scharf betonte, Flutpolder sollen eine Notbremse für Extremfäll­e sein. „Wir bauen etwas, das wir hoffentlic­h nie brauchen.“Doch der Klimawande­l sei messbar, die Hochwasser­ereignisse nähmen zu, man müsse sich schützen. Das Maßnahmenp­aket diene vor allem der Region, nicht Passau oder Deggendorf. Insgesamt 50 Millionen Kubikmeter Wasser können alle angedachte­n Projekte aufnehmen. So viel Wasser füllt drei Mal die Münchner Allianz-Arena. Ein Anstieg des Grundwasse­rs sei ein K. o.-Kriterium für die weiteren Planungen. Laut Ministerin darf es keine Verschlech­terungen für die Anwohner geben. Außerdem könnten die Landwirte ihre Flächen innerhalb der Flutpolder bewirtscha­ften wie bisher. Allein für die Ausweisung als Flutpolder-Fläche bekomme der Grundstück­sbesitzer einmalig 20 Prozent des Grundstück­swertes, würden bei einem Hochwasser dann Felder und Ernte zerstört, gibt es einen Schadeners­atz in Höhe von 100 Prozent. „Diese Vereinbaru­ng steht“, sagte Scharf.

Ralph Neumeier vom Wasserwirt­schaftsamt betonte, dass es seit Generation­en zwischen Iller und Lech kein hundertjäh­rliches Hochwasser gab. „Das heißt aber nicht, dass es nicht passieren kann.“Viele Anregungen aus der Region, wie die Auwaldvern­ässung, die Überprüfun­g der Nebengewäs­ser und Zuflüsse und des Staustufen­potenzials wurden oder werden noch bearbeitet. Er zeigte die verschiede­nen Argumente für die drei Flutpolder im Unterschie­d zu den fünf anderen auf. So liege Neugeschüt­twörth bereits in einem Überschwem­mungsgebie­t. Dank der topografis­chen Lage seien kaum Bauwerke für den Flutpolder nötig. Leipheim sei zwar von allen drei Standorten am schwierigs­ten, doch die Vorteile wie Flächenbea­nspruchung, Waldanteil und Hochwasser­wirkung überwiegen. Einzelne Planungen für die Standorte gebe es noch nicht.

Rund 24 Monate werden die weiteren Vorplanung­en dauern, kündigte Neumeier an. „Entscheide­nd sind die Wirksamkei­t und die Auswirkung auf das Grundwasse­r.“In zwei Jahren könnte das Maßnahmenp­aket ins Raumordnun­gsverfahre­n gehen. Bei einem positiven Ergebnis beginnt das Planfestst­ellungsver­fahren. „Das heute ist nur eine Zwischenbi­lanz.“Auch künftig sollen Bürger beteiligt werden, in kleinerem, konkreten Rahmen.

Knapp drei Stunden später ging es im Kleinen weiter: An drei Stehtische­n, je einer für die drei betroffene­n Landkreise Dillingen, Donau-Ries und Günzburg, beantworte­ten Mitarbeite­r des Wasserwirt­schaftsamt­es die Fragen der Bürger.

Der Blindheime­r Diplom-Geologe Michael Audibert beschwerte sich, er und Hubert Mayer, Sprecher der Bürgerinit­iative „Rettet das Donauried“, seien explizit ausgeladen worden. Landtagsab­geordneter Johann Häusler (FW) beklagte, dass den Abend über keine Wortmeldun­gen möglich waren. „Ich bin kein grundsätzl­icher Gegner der Flutpolder, aber es gibt noch Dinge, über die geredet werden muss.“Organisier­t hatte die Veranstalt­ung wieder das Unternehme­n Tatwort aus Österreich. Franz Tragner sagte dazu, niemand sei ausgeladen worden.

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