Wo ist die undichte Stelle?
Rücktritt: Wie Gabriels Drehbuch scheiterte
In Teilen der SPD kam nicht gut an, dass Sigmar Gabriel seinen Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und seinen Rücktritt als SPD-Chef über die Medien ankündigte. Immerhin jedoch erntete er viel Respekt für diesen freiwilligen Schritt. Dabei hatte eine simple Panne das minutiös ausgeheckte Drehbuch für den Tag der Verkündung im Willy-Brandt-Haus ausgehebelt. Gabriel hatte sich alles genau überlegt. Wenn schon aufgeben, dann mit Stil und Knalleffekt. Doch das vorbereitete Tischfeuerwerk erwies sich als Rohrkrepierer.
Nachdem er in einer Studie erneut nachlesen konnte, dass seine Beliebtheitswerte wie festgemauert im Keller verharren, fällt am Wochenende der Entschluss: Gabriel informiert zwei mit ihm befreundete Journalisten – den Stern-Chefredakteur Christian Krug und Bernd Ulrich von der Zeit. Die beiden erfahren auch, dass der 57-Jährige seine Karriere als Außenminister fortsetzen will. Schließlich führt er mit dem Stern ein Interview über seine Motive, erneut nicht gegen Kanzlerin Angela Merkel anzutreten.
Die Freude beim Stern über die Story dürfte gewaltig gewesen sein, aber auch die Sorge, dass der Coup nicht geheim bleibt. Also reift der Plan, statt wie gewohnt am Donnerstag schon am Mittwoch zu erscheinen. Bereits am Dienstag gehen die ersten Hefte an die Großhändler. Doch auch den Grossisten bleibt angesichts des Titelbildes nicht verborgen, was für heiße Ware sich da stapelt. Schweigen ist zwar Gold, aber auch sehr schwer: So gelangt die Information aus GrossistenKreisen an das Medien-Magazin Meedia. Die tun, was sie als Profis tun müssen: Sie vermelden die Sensation – und vermasseln den Auftritt des Parteichefs. Gabriel ist sauer und blamiert. Sauer ist aber auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann, der seinem Parteifreund vor versammelter Mannschaft die Leviten liest: „Es gehört zum guten Umgang, das solche Personalfragen zunächst in den Gremien der Partei besprochen werden“, tadelt er.