Eishacken für das Rekordschwimmen
Noch nie gab es so viele Anmeldungen zum Donauschwimmen. Nur das Eis an der Staustufe muss weg
Alfred Lacher hackt schon einmal vor. Schließlich ist die Treppe, auf der er steht, für mehr als 2300 unerschrockene Schwimmer der Startplatz für eines der größten Feste, das die Stadt kennt. Wie es aussieht, werden dann so viele Menschen an der Staustufe Bittenbrunn hinabsteigen wie noch nie in der Geschichte des Donauschwimmens. 2309 Teilnehmer haben sich bis Donnerstagfrüh bei Karl-Heinz Leger von der Neuburger Wasserwacht angemeldet. Auf dem Papier heißt das: Rekord!
Doch nicht nur das enorme Teilnehmerfeld verspricht vor der 48. Auflage, dass das Donauschwimmen 2017 eine Ausnahmeveranstaltung zu werden scheint. Denn die Vorarbeit, die Alfred Lacher an den Treppen leistet, steht den Organisatoren noch in größerer Dimension bevor. An der Staustufe Bittenbrunn herrscht eisigster Winter. Ein Ehepaar, das die Brücke für einen Spaziergang nutzt, spricht von einem Anblick, der sich ihnen seit den Sechzigerjahren nicht mehr geboten hat. „1964 oder 1966“, sagt die Frau, habe sie zum letzten Mal die Donau in einem ähnlich starren Zustand erlebt. Damals konnte man von einem Ufer ans andere auf Schlittschuhen gelangen – und es gab noch keine Staustufe. Fragt man die Verantwortlichen von der Neuburger Wasserwacht, Günter Weiß und Karl-Heinz Leger, müssen auch die beiden Donauschwimmen-Experten passen, wann das letzte Mal überhaupt neben Schwimmern und Showbooten Eisschollen hinabgetrieben sind. „Das war bestimmt schon 15 Jahre her“, schätzt Vorsitzender Weiß. Leger tippt auf die Achtzigerjahre. Im Internet findet sich zumindest ein Beweisfoto, das Donauschwimmer auf Eisschollen zeigt. Stadtpressesprecher Bernhard Mahler hat das Bild im sozialen Netzwerk Facebook hochgeladen. Datiert ist es auf das Jahr 1985.
Neben dem faszinierenden Einblick in den Bilderschatz des Donauschwimmens finden sich im Netz aber auch die ersten skeptischen Stimmen. Kann die Veranstaltung trotz Eis und Kälte überhaupt ausgetragen werden? Sie kann, sagen die Veranstalter. Seit sich die kleine Eiszeit abgezeichnet hat, stehen die Organisatoren in engem Kontakt mit dem Kraftwerksbetreiber Uniper. Die einstige EonTochter reguliert den Wasserstand am Stausee Bittenbrunn – und der sei trotz der geringen Niederschläge gestiegen. Vorausschauend für das Donauschwimmen habe Uniper etwas mehr Wasser als üblich angestaut. Wenn ein Teil der Wassermassen heute – eine genaue Zeit ist bislang nicht bekannt – abgelassen wird, versprechen sich die Veranstalter davon knackende Eisplatten und einen eisbefreiten Startpunkt. Natürlich nur mit der Hilfe von Alfred Lacher und seiner Spitzhacke sowie den Helfern in den Motorbooten, die den Startpunkt kontrollieren und gegebenenfalls auch Hand anlegen.
Bei der rekordverdächtig niedrigen Wassertemperatur helfen allerdings kein Werkzeug und keine fleißigen Helfer auf Motorbooten. Die betrage derzeit 1,3 Grad Celsius, sagt Weiß, für den Temperaturen selten eine wichtigere Rolle spielen als in den letzten Tagen vor dem Donauschwimmen. Gute Nachrichten hat er Donnerstagvormittag aus der Neuburger Wetterstation erhalten. Das Thermometer zeige am 6 Grad an. Plus Sonnenschein. Die Veranstalter bleiben also in der heißen Phase der Vorbereitung gelassen – nicht, ohne die obligatorischen und wichtigen Warnungen auszusprechen. „Jeder Schwimmer ist für sich selbst verantwortlich“, warnt Karl-Heinz Leger vor zu schlechter Vorbereitung, vor unvorsichtiger Feierlaune im Wasser.
Das fängt beim Neoprenanzug an, der eng am Körper anliegen müsse, damit nicht zu viel Wasser eindringen kann. Und hört beim Dauerthema Alkohol auf. Das Gebot, auf Bier und Schnaps im Wasser zu verzichten, erlasse er jedes Jahr. Dass sich nur ein Teil daran hält, ist ihm bewusst. Aber da lande man wieder bei der Eigenverantwortlichkeit. „Vonseiten der Helfer muss sich jedenfalls niemand sorgen maSamstag chen.“Heißt: Wer auf die Regeln achtet, wird von den routinierten Helfern von Wasserwacht bis Rettungskräften, von Polizei bis Feuerwehr, geschützt. Für fahrlässiges Verhalten kann allerdings niemand die Verantwortung übernehmen.
Wie viele Schwimmer letztlich am Samstag in den Fluss steigen, kann Karl-Heinz Leger als Herr der Teilnehmerliste noch nicht sagen. Bekanntlich melden sich auch in den letzten Stunden vor dem Donauschwimmen noch Spontanentschlossene an.
Unter die Schwimmer werden sich auch in diesem Jahr wieder eine ganze Reihe Ehrengäste mischen, sagt Leger und zählt auf: Bundestagsabgeordneter Reinhard Brandl, Oberbürgermeister Bernhard Gmehling, Kommodore Holger Neumann und einer, über den er sich besonders freut, weil er damit sein Wahlversprechen einlöst: Stefan Kumpf, der Bürgermeister von Legers Heimatgemeinde Karlskron.