Wie es ihm gefällt
In den USA läuft ein, nennen wir es, gesellschaftspolitisches Experiment: Setzen sich „alternative Fakten“gegen Fakten durch? Werden Halbwahrheiten, gar Lügen, die öffentliche Debatte vollends bestimmen? Wird Wahrheit zur Ansichtssache und nicht mehr als Fundament aus Fakten anerkannt, auf das man sich irgendwie einigen kann?
In den USA, und nicht nur dort, ist das alles nicht erst seit Donald Trump Thema – jenem Milliardär, Reality-TV-Star, Wahlkämpfer und Präsidenten, der eine Pippi-Langstrumpf-Auffassung der „Welt“zu haben scheint: „Ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt.“Und der sich „in einem laufenden Krieg“mit „klassischen“Medien wähnt sowie Journalisten kurz nach seiner Amtseinführung die „unehrlichsten Menschen der Welt“nannte.
Doch schon lange vor Präsident Trump galten die TV-Sender Fox News (konservativ) und MSNBC (liberal) als Paradebeispiele für „truthiness“. Ein Wort (von englisch „truth“für „Wahrheit“), das der US-Satiriker Stephen Colbert im Jahr 2005 in dieser Bedeutung prägte: Gefühlte Wahrheit geht vor Fakten. Was auch Fox News und MSNBC vorgeworfen wird: Sie präsentieren ihren Zuschauern eine rechte beziehungsweise linke Parallelwelt, treiben Propaganda für die Republikaner beziehungsweise für die Demokraten und spalten so die USA. Wer einen der Sender regelmäßig (und ausschließlich) schaut, was viele tun, lebt in einer Blase. Dass ein US-Präsident nach der „Methode truthiness“verfährt wie Trump, ist in dieser Form neu. Die renommierte Zeitung New York Times, NYT, etwa sieht darin allerdings auch eine Chance – und eine gute Zeit für guten Journalismus. Die NYT vertraut darauf, dass sich Fakten gegen „alternative Fakten“durchsetzen. Und dass Leser honorieren, dass NYT-Journalisten diese Fakten recherchieren. Lesen Sie dazu auch den Bericht unseres USA-Korrespondenten Jens Schmitz auf dieser Seite.