Wie steht es in Sachen Aufklärung?
Ein paar Tage sind seit der Sondersitzung des Stadtrates zur komplex gelagerten Klinikumsaffäre nun vergangen. Wie bewerten die Fraktionen den Stand der Dinge mit etwas Abstand? Und wie geht es weiter?
Die ersten 70 Fragen der Opposition haben die Stadtspitze und die mit den internen Ermittlungen beauftragten Anwälte in der Sondersitzung des Stadtrates beantwortet. Weitere Fragenkataloge (siehe Infokasten unten) sind aber bereits eingereicht und sie sollen, wie berichtet, in der kommenden Stadtratssitzung oder den jeweiligen Ausschusssitzungen beantwortet werden, wie Stadtsprecher Michael Klarner erklärt hat. Zu dem Compliance-Regelwerk, das für die Stadt und die städtischen Töchter erarbeitet wird, hat Oberbürgermeister Christian Lösel auch ein Gremienregister vorgeschlagen. Wie bewerten die Stadtratsfraktionen die Sondersitzung und den Stand der Aufklärung mit etwas Abstand? Was sagen sie zu dem Gremienregister?
Patricia Klein (CSU): „Ich fand es bemerkenswert, dass die Fragen von allen Seiten sehr ausführlich und sehr genau beantwortet wurden. Und auch die spontanen Nachfragen wurden beantwortet. Für mich war der Oberbürgermeister in seiner Rolle sehr souverän. Er hat nirgendwo ein Geheimnis daraus gemacht, sogar seine Privatangelegenheiten offengelegt und viel dazu beigetragen, dass Unklarheiten aus der Welt geschafft werden.“Zum Gremienregister sagt Klein: „Das ist ein probates Mittel, um Interessenskonflikte zu vermeiden und Transparenz in jeder Hinsicht herzustellen. Ich persönlich habe da kein Problem damit. Man muss allerdings besprechen, wo man bei so einem Gremienregister die Grenze der Veröffentlichung zieht. Wir haben zum Beispiel auch Selbstständige in der Fraktion. Für die könnte es sicher problematisch sein, ihre komplette Kundenliste offenzulegen.“
Christian Lange (BGI): „Es ist ein erster wichtiger Schritt zu mehr Transparenz gewesen. Das begrüßen wir, denn das ist genau das, was wir mit dem Fragenkatalog erreichen wollten: dass der gesamte Stadtrat und die Öffentlichkeit diese Informationen bekommen. Oberbürgermeister Lösel hat sich nicht besonders souverän und nicht besonders schlecht präsentiert. Aber ich hätte erwartet, dass er alle Fra- gen selbst beantwortet und diese nicht vorlesen lässt. Zumal ja alle Antworten vorbereitet waren.“Zum Gremienregister sagt Lange: „Das ist genau das, was wir wollen. Wichtig ist aber ein zusätzlicher Ehrenkodex, in dem sich die Stadträte gegenseitig verpflichten, dort auch tatsächlich alles anzugeben. Es geht ja darum, zu wissen, welche Stadträte mit der Stadt oder einer ihrer Tochtergesellschaften Geschäfte machen.“
Petra Kleine (Die Grünen): „In der Klinikumsaffäre hat der OB sehr gut reagiert, als ihm die Vorwürfe bekannt wurden. In der Stadtratssitzung war sein Auftritt rhetorisch souverän, inhaltlich aber auch widersprüchlich. Wir haben ja versucht darzustellen, wo es Interessenskonflikte gibt: Sieht er zum Beispiel den, der sich aus seiner unternehmerischen Beteiligung an einer Gewerbeimmobilie ergibt? (siehe Berichterstattung Seite 21) An der auch der Neuburger Bauunternehmer Hans Mayr beteiligt ist, der in Ingolstadt viel baut? Deshalb hatte ich ja explizit nochmals nach der Prüfung des städtischen Rechtsamts gefragt: ob diese Beteiligung auch Gegenstand der Prüfung war? Der Oberbürgermeister muss in einer solchen Situation der Öffentlichkeit sagen können: Das ist problemlos. Und das muss er auch darlegen können. Das hat er aber nicht getan. Deshalb haben wir die Frage in den neuen Fragenkatalog mitaufgenommen. Außerdem: Was ist mit der Berater-Tätigkeit von Alfred Lehmann für die Unternehmensgruppe Hans Mayr?“In Sachen Gremienregister sagt Kleine: „So einen Gremienkatalog fordern wird ja schon lange. Verbunden mit einer Ehrenordnung, in der man sich verpflichtet, alle Beteiligung offenzulegen. Inwieweit die auf Partner oder Familie auszudehnen ist, muss man diskutieren. Es reicht ja auch, wenn der OB von den Partnern oder Familienangehörigen weiß, wo sie beteiligt sind, und das nicht extra öffentlich gemacht wird.“
Achim Werner (SPD): „Wir haben einen Zwischenstand erreicht, der schon interessante Erkenntnisse enthält. Aber wir haben weitere Fragen gestellt und jetzt wird es viel handfester werden. Wir hatten vom Oberbürgermeister vor der Sondersitzung das Signal, dass er sich gar nicht äußern wird, sondern nur die Anwälte sprechen lässt. Das fand ich zunächst schwach, aber er hat dann ja auf die Kritik reagiert und auch selbst geantwortet. Ich finde aber, dass er noch viel offener mit dem ganzen Thema umgehen müsste. Er zieht sich zu sehr auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zurück, vor deren Abschluss man sich noch nicht äußern könne. Wir wollen aber politische Konsequenzen diskutieren, nicht strafrechtliche. Ein selbstbewusster OB hätte alle gestellten Fragen selbst beantworten können. Dass er sich bei deren Formulierung vorher mit den Anwälten berät, ist doch selbstverständlich.“Zum Vorschlag des OB, ein Gremienregister für Stadträte einzuführen, in dem sie alle Engagements und Beteiligungen an Unternehmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten offenlegen, sagt Werner: „Die Leute können von mir alles wissen.“Es sei, so Werner weiter, nur wichtig, dass alle dann auch tatsächlich vollständige Angaben machten.
Thomas Thöne (ÖDP): „Der OB hat die Fragen beantwortet, wie man sie beantwortet. Aber es sind ja noch Fragen offen. Man muss jetzt nochmals die bisherigen Antworten in Ruhe bewerten, denn das war ja wirklich sehr umfangreich. Wir werden die erneut intensiv durchgehen und dann ergeben sich vielleicht noch weitere Fragen. Mir persönlich hat gefallen, dass der OB in der Sitzung um Deeskalation bemüht war: Ich hoffe, dass er in seine Rolle als Allparteilicher findet. Der Stadtrat ist ein Kollegialorgan. Ich wünsche mir dringend, dass das dumme Gerede von Opposition und Koalition aufhört, weil es diese Unterscheidung nach der Gemeindeordnung nicht gibt. Wir alle sind aufgerufen, zum Wohle der Bürger zu handeln.“In Sachen Gremienregister sagt Thöne: „Der ist absolut zu begrüßen. Aber das ist keine Erfindung des OB. Der gehörte schon zu den Forderungen, als wir über den Beitritt zu Transparency diskutiert haben.“
Peter Springl (Freie Wähler): „Das hat der OB sauber gemacht. Die Fragen, die man öffentlich beantworten kann, hat er beantwortet, die anderen hat er im nichtöffentlichen Teil beantwortet. Wo er aus rechtlichen Gründen nichts sagen konnte, muss man einfach das Ende der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten. Er hat sich sehr gut vorbereitet. Ich konnte nichts erkennen, was man ihm aufgrund der jetzigen Lage vorwerfen kann. Er hat sich freiwillig gläsern gemacht und das hat ihm gut angestanden. Das kann man nicht automatisch von jedem erwarten. Ich wünsche mir, dass man jetzt wieder in den Normalbetrieb der Geschäftsordnung zurückkehrt. Das ist kein Widerspruch zum bisherigen Vorgehen, aber alle weiteren Fragen sollten jetzt in dem dafür vorgesehenen Rahmen beantwortet werden. In Sachen Gremienregister sagt Springl: „Aus meiner Sicht kann das nur etwas Freiwilliges sein. Denn in der Gemeindeordnung ist zum Beispiel der Begriff der Befangenheit definiert. Die geht ja mehrere Stufen weit bis zu verschwägerten Personen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Gremienregister so ausweiten kann. Da gibt es einfache rechtliche Hindernisse, auf die man achten muss. (kuepp)