Zetsche spricht den Namen Trump nicht aus
Autobranche Wie der Daimler-Chef das Kunststück fertig bringt, fast zwei Stunden ohne ein Wort der Kritik am US-Präsidenten auszukommen
Dieter Zetsche gehört zu den lockeren Managern. Er verzichtet häufiger auf die Krawatte und verblüfft konservativere Kollegen mit seinem lässigen Kleidungsstil. Gerne erscheint der Daimler-Boss mit Jeans, ja sogar Turnschuhen. In seiner Zeit in Amerika trat der inzwischen 63-Jährige in TV-Spots als ulkiger Deutscher auf. Er machte Werbung für die damals noch zum Konzern gehörende Marke Chrysler und brachte die Amerikaner zum Lachen. Dr. Z hieß der Mann mit dem Walrossbart in den Filmchen.
Am Donnerstag in Stuttgart scheint die Lässigkeit verflogen – und das trotz des besten Geschäftsjahrs in der Daimler-Geschichte. Zetsche in Anzug, weißem Hemd und ohne Krawatte liest Wort für Wort seine Rede ab. Er spricht nüchtern über Bestmarken bei Absatz, Umsatz und Ertrag. Im vergangenen Jahr hat Daimler einen Super-Gewinn von 8,8 Milliarden Euro eingefahren und gewährt den Aktionären eine Dividende von 3,25 Euro je Wertpapier. Dabei beansprucht der Konzern für seine Kernmarke Mercedes, was den Absatz betrifft, wieder die deutsche Auto-Krone vor BMW und Audi. Das zahlt sich für die tariflich gebundenen Daimler-Mitarbeiter aus, bekommen sie doch eine satte Erfolgsprämie von 5400 Euro. Eine jetzt bekannt gewordene Rückrufaktion für Mercedes-Autos sehen die Stuttgarter entspannt. Schließlich seien nur „deutlich weniger als 10 000 Wagen betroffen“. Was die angesichts des großen Erfolges angebrachten Jubelstürme ausbleiben lässt, ist ein Name mit fünf Buchstaben. Natürlich geht es um Trump. Doch diesbezügliche Fragen der Reporter beantwortet Zetsche ausweichend. Er bringt das Kunststück fertig, in knapp zwei Stunden kein einziges Mal den Namen des USPräsidenten auszusprechen. Hinter den Kulissen in Stuttgart ist dann zu erfahren, dass die Kommunikations-Strategie vorher ausgegeben worden sei. Hat Zetsche Angst vor dem gerade deutschen Auto-Riesen mit Zöllen drohenden amerikanischen Politiker? Will er Trump nicht zu hämischen Twitter-Attacken gegen Daimler provozieren?
Wie intensiv Journalisten auch nachhaken, Dr. Z bleibt zugeknöpft, spricht nur abstrakt von „Randbedingungen“, auf die sich Daimler bei einer Änderung einstellen werde. Ist die Politik Trumps aus Sicht des Konzerns eine Randbedingung? Die Frage bleibt offen. Siemens-Chef Joe Kaeser hatte zuvor Klartext gesprochen und an den US-Präsidenten appelliert, Werte wie Weltoffenheit und Toleranz zu akzeptieren. In Stuttgart versucht eine englischsprachige Journalistin der Agentur Reuters, Zetsche an Kaeser zu messen. Sie sei nicht glücklich, dass der Daimler-Chef nichts zu den Trump-Risiken sagen wolle. Selbst bei dem geschickten Versuch bleibt Zetsche verschlossen und meint nur humorvoll, ihn mache es unglücklich, wenn die Berichterstatterin nicht glücklich sei.
Mehr sagt er nicht. Für Daimler steht viel auf dem Spiel in den USA. Der Konzern beschäftigt dort rund 22 000 Mitarbeiter, setzt aber auch auf ein neues Werk in Mexiko, was Trump ärgert. Dabei müsste er Daimler als soliden Steuerzahler schätzen. So produziert der Konzern in seinem US-Werk jährlich mehr als 300 000 Mercedes-BenzPkw. Und Daimler hat im vergangenen Jahr gut 380 000 Autos der Marken Mercedes und Smart in Amerika verkauft. Wie sich ausrechnen lässt, wurde damit 2016 jeder sechste Mercedes-Pkw in den USA abgesetzt. Das könnte die Erklärung für Zetsches Trump-Abstinenz sein.