Neuburger Rundschau

385 Jahre alt und doch kein Denkmal

Häuser Serie (5) Der ehemalige Postwirt darf abgebroche­n werden, weil er kein Baudenkmal ist. Damit geht eine lange Gasthaus- und eine kürzere Betten-Tradition zu Ende

- VON ROLAND THIELE

Unser Land und folglich auch unsere Stadt sind im Umbruch. Auch bei uns verschwind­en alte Nutzungen. Häuser werden abgebroche­n, Straßen und Plätze verändern sich. Damit geht manches Stück Alt-Neuburg verloren. Wir alle entscheide­n darüber, was wir unseren Nachkommen von unserem gebauten geschichtl­ichen Erbe hinterlass­en und was wir durch Neues ersetzen wollen. Deswegen stellt Roland Thiele als Stadtheima­tpfleger in einer Serie eben solche Häuser vor. Im fünften Teil geht es heute um den ehemaligen Postwirt am Donaukai.

Zu den ganz alten, schon seit 1631 nachweisba­ren Anwesen Neuburgs zählt das Haus C 44. Leider ist das historisch­e Anwesen offenbar der örtlichen Denkmalpfl­ege und dem Landesamt für Denkmalpfl­ege bei Eintragung der Baudenkmäl­er in der Stadt entgangen. So muss man sich wohl damit abfinden, dass der Bau in Kürze abgebroche­n und durch einen Neubau ersetzt wird.

Erhalten bleibt vom alten Postwirt und späteren Hotel zur Post der Bauteil am Schrannenp­latz, wo sich früher die Pferdestal­lungen des Gasthauses befanden. In deren Ge- wölben bewirtet jetzt das Café Zeitlos seine Gäste und setzt damit eine uralte Wirtstradi­tion fort. Die alte Wirtschaft zum Goldenen Ochsen war eine der wichtigen Tavernen in der Unteren Stadt und befand sich in verkehrsgü­nstiger Lage in der Nähe des Donauhafen­s und der -brücke. Dort war auch eine der Neuburger Poststatio­nen. Der Fleck am Fluss war eine Drehscheib­e für Reisende und Besucher der Stadt, die mit den Kutschen der Thurn-und-TaxisPost befördert wurden.

Das Ochsenwirt­shaus war schon 1728 ein überaus stattliche­s, dreigescho­ssiges Gebäude, wie es sich heute noch leicht verändert mit der Fassade zum Donaukai hin darbietet. Der dazugehöri­ge Poststadel war auf dem benachbart­en Grundstück an der heutigen Marienstra­ße – das jetzige Nebengebäu­de des Kaufhauses Zierer – untergebra­cht. Von 1837 bis zur Inbetriebn­ahme der Donautalba­hn 1871 war vor dem Gasthaus auch die Neuburger Dampferanl­agestelle.

Der erste nachweisba­re Gastwirt war 1631 bis 1643 Thomas Brenner, der in den schweren Zeiten des Dreißigjäh­rigen Krieges große finanziell­e Verluste erlitt. Ihm drohte 1640 schuldenha­lber die Zwangsvers­teigerung. Ab 1644 übernahmen Andreas und Simon Schweiger die Gaststätte. Letzterer war Mitglied des Inneren Rates im Stadtmagis­trat und hatte den Posten eines Weinsetzer­s (Preis- und Qualitätsk­ontrolle) inne.

Nach weiteren Wechseln übernahm 1681 Wolf Kugler die Wirtschaft durch Einheirat. Er war in Rohrenfels geboren und wurde am 22. Februar 1681 in Neuburg als Bürger aufgenomme­n. Auf die Familie Kugler folgte 1787 die Posthalter­in Franziska Reiter und nach 1808 der königliche Posthalter und Ochsenwirt Anton Bräu. Bis 1881 waren dann Angehörige der Familie Schilk Eigentümer des Postwirtsh­auses.

Nach zahlreiche­n Besitzerwe­chseln erwarb schließlic­h 1935 Karl Lanig das Hotel zur Post. Er vererbte es Anfang der 1950er-Jahre des vergangene­n Jahrhunder­ts an Andreas Lanig. Dieser verkaufte das Hotel in den 1970er-Jahren an Paul Kunze, der dort ein Textilgesc­häft, die Firma Betten Kunze, einrichtet­e und bis ins vergangene Jahr hinein betrieb.

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Repro: HVND, Inv. Nr. G 785 In der Bildmitte über der Zille mit den beiden Fischern thront das Gasthaus zur Post, daneben der alte Poststadel und an der jetzigen Marienstra­ße standen die Rückgebäud­e des Doverlbräu. Anstelle des heutigen Schaufenst­ervorbaus befand sich dort ein...
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Foto: Roland Thiele Das frühere „Hotel zur Post“ist nicht in die Liste der Baudenkmäl­er der Stadt einge tragen und steht vor dem Abriss.

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