Ernstfall für die Alarmrotte
Sicherheit Zu einer Zivilmaschine fehlt der Funkkontakt. Beim Neuburger Geschwader wird deshalb Alarm ausgelöst. Zwei Eurofighter fliegen in Schallgeschwindigkeit Richtung Köln
Es ging ruckzuck: Um 17.23 Uhr erhielt das Jagdgeschwader 74 den Auftrag, eine Zivilmaschine zu identifizieren, die sich über deutschem Luftraum befand. 19 Minuten später tauchten etwa auf Höhe von Köln neben einer Boeing 777-300 plötzlich die zwei Kampfjets aus Neuburg auf. Das war am Donnerstag. Es war dieses Jahr der erste „scharfe“Einsatz der Alarmrotte. Achtmal mussten die Neuburger Piloten vergangenes Jahr in die Luft steigen, weil es ernst geworden war.
Man kann sich das mulmige Gefühl der Menschen im Flug 9W-118 nur ausmalen: Da sitzen sie im Flugzeug und plötzlich tauchen an den Fenstern zwei Kampfjets auf. Im aktuellen Fall waren 330 Passagiere und 15 Crew-Mitglieder an Bord der Maschine, die sich auf dem Weg von Mumbai nach London befand. Wie die Luftwaffe mitteilt, hatte beim Durchqueren des slowakischen und tschechischen Luftraums die zivile Flugsicherung den Funkkontakt zur Boeing verloren. Als das Flugzeug wenige Minuten später den deutschen Luftraum erreichte und der Kontakt immer noch nicht wiederhergestellt war, war die Alarmrotte in Neuburg gestartet worden. Zwei Eurofighter des Geschwaders hatten den Auftrag bekommen, die Zivilmaschine schnellstmöglich zu identifizieren. Mit der Genehmigung, Schallgeschwindigkeit fliegen zu dürfen, hatten die Kampfjets nach 19 Minuten die Boeing 777 auf Höhe von Köln erreicht.
„Wenn die Piloten beider Maschinen auf Augenhöhe sind, dann hält man mit standardisierten Handzeichen miteinander Kontakt“, erklärt Oberst Neumann. „Da kann man sogar Funkfrequenzen untereinander austauschen“, erzählt der Kommodore.
Das Flugzeug wurde identifiziert und das Ergebnis stimmte mit den erwarteten Angaben überein. Die Piloten der Passagiermaschine stellten währenddessen den Funkkontakt wieder her. Sie hatten, wie zu erwarten war, die falsche Frequenz eingewählt und deswegen keinen Kontakt zur Flugsicherung. Der Auftrag für die Alarmrotte war beendet. Flug 9W-118 landete später wie geplant in London-Heathrow. Nachdem es für die Neuburger Eurofighterpiloten Entwarnung gegeben hatte, drehten sie Richtung Heimat ab. Ihr Flug wurde von einem Schutz- in einen Übungsschutzflug umgewandelt und anschließend landeten die Jets wieder sicher in Neuburg.
Von der Entfernung zum Einsatzort her gesehen hätte auch eine Alarmrotte aus dem Taktischen Luftwaffengeschwader 71 „Richthofen“aus Wittmund in Ostfriesland starten können. Dass Neuburg den Auftrag erhielt, ist für den Kommodore nicht ungewöhnlich. Grundsätzlich, erklärt Neumann, gelte für die Alarmrotten der ge- samte Nato-Bereich als Einsatzgebiet. „Da existieren auch keine Landesgrenzen“, verdeutlicht er. Dass in diesem Fall sein Geschwader den Auftrag erhalten hat, könnte zum Beispiel daran liegen, dass in Wittmund schlechte Wetterbedingungen geherrscht haben. Es könnten aber auch nur taktische Überlegungen, wie zum Beispiel die Flugroute des Passagierflugzeugs, eine Rolle gespielt haben.
Auf alle Fälle dürften die Menschen an Bord der Boeing 777-300 die außergewöhnliche Begegnung am Himmel so schnell nicht vergessen. Und die Alarmrotte aus Neuburg stellte für den Fall des Falles einmal mehr ihre Funktionsfähigkeit unter Beweis. (mari/nr) Iwww. youtube.com/ watch?v=iJALftSN0ek Die Annäherung der Eurofighter an die Boeing wurde von einem anderen Flug zeug aus gefilmt und kann hier angesehen werden.