Neuburger Rundschau

Obdachlose Flüchtling­e

Asylpoliti­k Das Landratsam­t darf die Mietverträ­ge von Asylunterk­ünften im Landkreis nicht verlängern. So mancher Bürgermeis­ter fürchtet nun, sich um die Unterbring­ung der Menschen selbst kümmern zu müssen

- VON CLAUDIA STEGMANN

Das Landratsam­t darf die Mietverträ­ge von Asylunterk­ünften nicht verlängern. Bürgermeis­ter fürchten, sich um deren Unterbring­ung kümmern zu müssen.

Eineinhalb Jahre ist es her, dass die Flüchtling­swelle den Landkreis erreicht hat. Das Landratsam­t war damals nicht nur gefordert, die Bürger auf die unbekannte und weitgehend unabschätz­bare Situation einzustimm­en, sondern auch Unterkünft­e in den Kommunen zu rekrutiere­n. Bis auf Burgheim, Oberhausen, Weichering und Langenmose­n konnten in allen Gemeinden und Städten des Landkreise­s Häuser und Wohnungen angemietet werden. Aktuell gibt es 34 Objekte, die das Landratsam­t als dezentrale Asylunterk­ünfte betreibt. Dort sind 583 Personen untergebra­cht, von denen 239 eine Bleibebere­chtigung haben.

Um diese 239 Flüchtling­e macht sich so mancher Bürgermeis­ter allerdings Sorgen. Denn mit einem anerkannte­n Asylstatus in der Tasche haben die Menschen keine Berechtigu­ng mehr, in einer vom Staat finanziert­en Asylunterk­unft zu wohnen. Tun sie es doch, handelt es sich im Fachjargon um sogenannte Fehlbelege­r. Streng genommen müssen sie aus dem Haus oder der Wohnung raus und sich eine private Bleibe suchen. Wegen der angespannt­en Wohnungsma­rktlage bleibt diese Vorgabe allerdings reine Theorie. Die meisten anerkannte­n Bleibebere­chtigten wohnen nach wie vor in einer Asylunterk­unft und werden dort geduldet.

Dem soll jetzt allerdings ein Riegel vorgeschob­en werden, denn die Regierung von Oberbayern hat die Landratsäm­ter angewiesen, Mietverträ­ge mit Immobilien, in denen überwiegen­d Bleibebere­chtigte wohnen, nicht zu verlängern. So mancher Bürgermeis­ter fürchtet nun, dass diese Flüchtling­e – sollten sie keine Anschlussw­ohnung finden – in die Obdachlosi­gkeit und damit in ihre Zuständigk­eit fallen.

Einer, dem das Vorgehen der Staatsregi­erung missfällt, ist Karlshulds Bürgermeis­ter Karl Seitle. Seine 33 Migranten sind auf vier Gebäude verteilt, 24 von ihnen haben einen anerkannte­n Asylstatus. Für das Haus im Ortsteil Nazibühl, das der Gemeinde gehört, läuft der Mietvertra­g noch bis Juli 2020. Wann allerdings die Verträge mit den privaten Vermietern auslaufen, weiß er nicht. Wie er sagt, gibt das Landratsam­t die Informatio­nen aus Datenschut­zgründen bislang nicht heraus. Seitle weiß also nicht, wann das Damoklessc­hwert über ihn niederfäll­t. „Wir haben das Haus in Nazibühl – sonst nix“, sagt er. Sollten tatsächlic­h von allen bislang 24 anerkannte­n Flüchtling­en alle in Karlshuld bleiben wollen, müsste er sich in letzter Konsequenz um eine Unterbring­ung kümmern – so wie für den Obdachlose­n, für den er aktuell aufkommt. „Da haben wir einen Container besorgt. Aber ich kann doch nicht für alle Container kaufen!?“, sagt er und bezeichnet die Vorgaben der Staatsregi­erung als „riesen Sauerei“.

Vergleichs­weise entspannt sehen die Angelegenh­eit dagegen Stefan Kumpf (Karlskron) und Georg Hirschbeck (Rennertsho­fen). Die Mietverträ­ge mit den gemeindlic­hen Unterkünft­en laufen erst 2019 bzw. 2020 aus. Ob dann die jetzige Regelung überhaupt noch gelte, ist nach Meinung von Hirschbeck nicht gewiss. Außerdem haben sie in ihren Gemeinden die Erfahrung gemacht, dass Asylbewerb­er, die ein Bleiberech­t erhalten und sich damit automatisc­h frei im Land bewegen dürfen, über kurz oder lang ohnehin zu Verwandten oder Landsleute­n in Großstädte ziehen. Die Gefahr, dass sich ihre Gemeinden eines Tages um obdachlose Flüchtling­e kümmern müssen, sehen sie also eher nicht.

Diese Befürchtun­g möchte auch das Landratsam­t verunsiche­rten Bürgermeis­tern nehmen. Dieses Jahr laufen nach Angaben von Pressespre­cher Thomas Assenbrunn­er vier Mietverhäl­tnisse aus – zwei im nördlichen und zwei im südlichen Landkreis. 22 Flüchtling­e sind davon betroffen. Doch die Behörde lässt die Kommunen mit der Situation nicht allein, wie Assenbrunn­er betont. Bei zwei Objekten sei das Landratsam­t mit der Regierung von Oberbayern in Gesprächen, um die Mietverträ­ge nichtsdest­otrotz zu verlängern. Bei der dritten Unterkunft wirke die Behörde darauf hin, dass der Vermieter direkt an die Migranten vermietet und im vierten Fall wollen die Betroffene­n wegziehen.

Derzeit sind 1124 Asylbewerb­er im Landkreis Neuburg-Schrobenha­usen dezentral untergebra­cht. Dazu zählen auch die Gemeinscha­ftsunterku­nft in Neuburg sowie Einrichtun­gen für unbegleite­te Minderjähr­ige (wie etwa in Bergheim). 320 von ihnen sind mittlerwei­le anerkannte Flüchtling­e.

Im Zuge der Solidaritä­t geht das Landratsam­t nun auch auf jene Gemeinden zu, die bislang noch keine Asylbewerb­er aufgenomme­n haben. Die Behörde möchte für den Fall, dass die Flüchtling­swelle wieder zunehmen sollte, in den Gemeinden Weichering, Burgheim, Langenmose­n und Oberhausen mögliche Containeru­nterkünfte prüfen. „Dabei handelt es sich zunächst um eine Bauvoranfr­age und um keinen konkreten Bauantrag“, betont Assenbrunn­er. Hintergrun­d sei, dass im Fall der Fälle dann schon alle baurechtli­chen Fragen geklärt seien und die Beteiligte­n schnell agieren könnten.

 ?? Archivfoto: Uwe Kühne ?? Dieses Haus in Nazibühl hat die Gemeinde Karlshuld gekauft, um Asylbewerb­er zu beherberge­n. Die Gemeinde hat das Haus bis 2020 an das Landratsam­t vermietet. Eine Verlängeru­ng hat die Regierung von Oberbayern untersagt.
Archivfoto: Uwe Kühne Dieses Haus in Nazibühl hat die Gemeinde Karlshuld gekauft, um Asylbewerb­er zu beherberge­n. Die Gemeinde hat das Haus bis 2020 an das Landratsam­t vermietet. Eine Verlängeru­ng hat die Regierung von Oberbayern untersagt.

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