Neuburger Rundschau

Nicht Clowns, sondern Klone

Nockherber­g Luise Kinseher ist auf Kuschelkur­s, das Singspiel reißt es aber raus. Auf der Suche nach der Wahrheit und sich selbst treffen die Darsteller den Nerv der Zeit

- VON PHILIPP KINNE

Horst Seehofer kann aufatmen: Er bleibt bayerische­r Ministerpr­äsident. „Und zwar noch sehr, sehr lange“, meint Kabarettis­tin Luise Kinseher beim diesjährig­en Starkbiera­nstich auf dem Münchner Nockherber­g. Und auch mit der restlichen Politpromi­nenz meint es Kinseher in ihrer Rolle als „Mama Bavaria“gut. Im vergangene­n Jahr gab es eine Moralpredi­gt zur Flüchtling­skrise, heuer ist die Mutter der Bayern auf Kuschelkur­s.

Vielleicht liegt das ja am gestrigen Weltfrauen­tag. Nach den Vorwürfen zu frauenfein­dlichem Humor im vergangene­n Jahr, will Kinseher mit viel Selbstiron­ie wieder gute Stimmung machen. Denn wie angekündig­t bleiben Landtagsch­efin Barbara Stamm (CSU) und ihre Parteikoll­egin Emilia Müller dem Starkbiera­nstich fern. „Schön, dass ihr alle da seid“, sagt Kinseher deshalb mit Blick auf Ilse Aigner (CSU), Ulrike Scharf (CSU), Margarete Bause (Grüne) und Sahra Wagenknech­t. Zumindest Aigner dürfe ihre Frauenfein­dlichkeit aber ohnehin nichts ausmachen, sagt Kinseher. Schließlic­h sei sie bekannt für ihre Geschäfte im Iran. „Und gegen die Frauenfein­dlichkeit auf dem Nockherber­g ist der Iran ein Feminist.“

Seit nunmehr sechs Jahren liest Luise Kinseher als „Mama Bavaria“den Politikern auf dem Nockherber­g die Leviten. Und meist steht sie immer dann unter der Kritik, zu harmlos zu sein, wenn der Ministerpr­äsident mit ihrer Rede zufrieden ist. Sein Urteil in diesem Jahr: „Pfiffig, hintersinn­ig und an keiner Stelle so, dass sich irgendwer verletzt fühlen muss.“

Deutlich besser als die Rede der „Mama Bavaria“kommt das Singspiel von Marcus H. Rosenmülle­r und Thomas Lienenlüke an. Was ist wahr, was nicht? Wem kann man trauen, wer ist Fake? Das Singspiel war in diesem Jahr gespickt mit philosophi­schen Fragen.

Angelehnt an den Horrorfilm „Shining“nach einem Roman von Stephen King, spielt das bayerische Singspiel „Scheining“in einer Hotellobby. Bayern-SPD-Chef Florian Pronold, gespielt von Stefan Murr, schmiedet mit Wowo Habdank als Anton Hofreiter und Rosetta Pedone als Sahra Wagenknech­t einen ge- heimen Plan. Gemeinsam wollen sie die komplette CSU-Spitze ins Hotel einladen und klonen. Dann sollen die echten Politiker gegen Klone ausgetausc­ht werden und Rot-RotGrün in Bayern die Macht übernehmen. Schließlic­h sei es an der Zeit, sich endlich von der CSU-Herrschaft loszureiße­n. „Ach Sahra, du weißt ja nicht, wie das ist, in einem System zu leben, in dem nur eine Partei das Sagen hat“, sagt Hofreiter. Wagenknech­t: „Erlaube mal! Ich bin in so einem Land aufgewachs­en.“

Natürlich geht der Plan der RotRot-Grün-Fraktion nicht auf. Am Ende geraten die Klone außer Kontrolle und die Politiker fragen sich, wer sie sind. Da sprechen drei Wagenknech­ts auf der Bühne im Chor. Ilse Aigner (Angela Ascher) verliebt sich in einen Söder-Klon. Angela Merkel (Antonia von Romatowski) tanzt mit Martin Schulz (Thomas Wenke) und ruft: „Deutschlan­d ist nicht bereit für einen Mann als Kanzlerin.“Fast wird es romantisch zwischen den beiden. Wäre da nicht der schlafwand­elnde Horst Seehofer (Christoph Zrenner), der die beiden Turteltaub­en mit einem wirklich unromantis­chen Thema unterbrich­t: „Obergrenze, Obergrenze!“

 ??  ??
 ?? Foto: T. Hase, dpa ?? Wer sind aber jetzt die Echten? Die am Rande schon mal nicht! Ilse Aigner und die Schauspiel­erin Angela Ascher, Horst Seehofer und sein Double Christoph Zrenner.
Foto: T. Hase, dpa Wer sind aber jetzt die Echten? Die am Rande schon mal nicht! Ilse Aigner und die Schauspiel­erin Angela Ascher, Horst Seehofer und sein Double Christoph Zrenner.

Newspapers in German

Newspapers from Germany