Wie Merkel vom Schulz-Effekt profitiert
Es ist keine zwei Jahre her, da fragten sich SPD-Spitzenpolitiker, ob man überhaupt einen eigenen Kandidaten gegen Angela Merkel ins Rennen schicken soll. Die Erfolgsaussichten waren derart erbärmlich, dass man diesen Job eigentlich niemandem zumuten wollte. Dann kam die Flüchtlingskrise – und der Nimbus von Merkels Unbesiegbarkeit begann zu bröckeln. Immer mehr Deutsche überkam das beunruhigende Gefühl, dass die erprobte Krisenmanagerin zum ersten Mal in ihrer Amtszeit nicht mehr Herrin der Lage war. Doch es ist nicht der poli- tische Gegner, der seitdem beharrlich eine Kanzlerinnendämmerung heraufbeschwört. Es sind neben der AfD vor allem frustrierte Unions-Leute, die Stimmung gegen Merkel machen. Zwar hat diese ihren Kurs in der Flüchtlingsfrage längst korrigiert. Aber wie so oft gelang es ihr nicht, den Menschen das auch zu erklären. So gingen die Attacken weiter – und die Umfragezahlen in den Keller.
Mit der Demontage der Kanzlerin schienen Seehofer & Co. kein großes Risiko einzugehen. Denn obwohl die Chefin Lichtjahre von früheren Popularitätswerten ent- fernt war, schien eine Wahlniederlage unvorstellbar. Erst seit Martin Schulz die Merkel-Müdigkeit als Wachmacher für seine SPD nutzt, kommen die internen Kritiker ins Grübeln. War das Dauerfeuer gegen die Kanzlerin doch nicht so klug?
Jetzt, da ein SPD-Sieg nicht mehr utopisch erscheint, bemüht sich sogar die CSU, die Reihen zu schließen. Und die Umfragen zeigen: Auch mancher Wähler entdeckt angesichts der Aussicht auf eine linke Regierung wieder die guten Seiten der Ära Merkel. Insofern ist der Schulz-Effekt am Ende vielleicht sogar ein Segen für die Kanzlerin.