Tricksen und täuschen in der Formel 1
Es gibt Ärger in Barcelona. Nicht bei den Fußball-Fans, die sind noch immer trunken vom 6:1-Wunder von Paris. Nein, draußen vor den Toren der wunderbaren GaudíStadt in Montmeló raucht es. Dort drehen die Formel-1-Boliden traditionell ihre letzten Runden vor dem Saisonstart. Offiziell nennt die PS-Branche die viertägige Veranstaltung Testfahrten. Das muss sein. Schließlich müssen die Rennställe auf dem Asphalt überprüfen, ob das, was die Ingenieure über den Winter konstruiert und die Mechaniker danach zusammengeschraubt haben, auf der Strecke nicht auseinanderfliegt.
Das mag für die Hinterbänkler wie Force India, Haas oder Sauber gelten. Aber für Mercedes, Ferrari oder Red Bull geht es auch darum zu tricksen und zu täuschen. Zuerst den Gegner in Barcelona in Sicherheit wiegen und dann in Melbourne den versteckten Turbo zünden.
So stellt sich das der Laie vor, aber in Wirklichkeit geht das in der Formel 1 viel subtiler. Kiebitze beobachten und Fotografen dokumentieren jedes noch so kleine Flügelchen am Spoiler, um es später zu kopieren und zu testen.
Auf der Strecke wird ebenfalls geblufft. So lupfte Sebastian Vettel im Ferrari nach schnellen Runden regelmäßig kurz vor dem Ziel das Gaspedal, um nicht das komplette Potenzial seiner neuen roten Göttin zu verraten. Wenn es überhaupt eine Göttin wird. In den vergangenen drei Jahren entpuppte sich das Gefährt eher als Gurke.
Deshalb tut Vettel gut daran, sich selbst und seinem Team Zurückhaltung aufzuerlegen. Es gehe doch gar nicht darum zu zeigen, wo man stehe. Für Testfahrten gibt es schließlich keine WM-Punkte, sagt Vettel. Konkurrent Lewis Hamilton ist sich sicher, dass Ferrari pokert. Die Italiener seien viel schneller, als sie zeigen. Aber warum gehen eigentlich alle Teams im März gemeinsam nach Barcelona? Warum testet nicht jeder für sich? Weil es teuer ist, eine Teststrecke mit Personal und Rettungswagen und Zeitmessung und allem, was dazugehört allein zu mieten. Das könnten sich wieder nur die Branchenriesen leisten und die kleinen Teams hätten einen weiteren Nachteil. So hat man vergleichbare Zeiten auf ein- und derselben Teststrecke, die man doch nicht vergleichen kann. Denn erst am 26. März in Melbourne kommen die Karten auf den Tisch.
Lewis Hamiltons Gerede von einem starken Ferrari ist nur der Versuch, den Druck auf die anderen zu erhöhen. Schließlich hat Mercedes in den vergangenen drei Jahren 51 von 59 Grands Prix gewonnen, Red Bull fünf und Ferrari drei. Im Fußball würde man sagen: Vor dem Spiel den Ball flach halten und dann hoch gewinnen. Wie der FC Barcelona.