Wie von einem anderen Stern
Mit dem neuen E-Klasse Coupé ist Mercedes nah dran an der Perfektion. Der edle Dreitürer brilliert in fast allen Disziplinen
Mit Lob soll man ja eigentlich sparsam umgehen. Gerade im Automobilbereich, wo die Hersteller selbiges in der Regel gerne für sich selbst übernehmen. Manchmal aber bleibt auch dem kritischen Beobachter nichts anderes übrig. So muss man derzeit einfach einräumen: Was Mercedes im Segment der E-Klasse anbietet, kann – persönlicher Geschmack hin oder her – als Maßstab für die gesamte Branche gelten.
Wie extrem hoch das Qualitätsniveau inzwischen ist, demonstriert der neuste Spross der Familie: das E-Klasse Coupé. Nach Limousine, T-Modell und der Outdoor-Variante „All-Terrain“kommt nun der edle Zweitürer zu den Händlern. Nach dem Motto „Nach der Pflicht die Kür“hat Mercedes in vielen Bereichen noch mal eine ordentliche Schippe draufgepackt. Das Ergebnis ist fast schon vom anderen Stern: ein durchtrainierter Athlet im Designeranzug mit besten Manieren, ausgesuchter Intelligenz und der neuesten Technik in der Tasche.
Beim Design folgt das Coupé den Vorgaben von S- und C-Klasse. „Sensual Purity“heißt etwas hochtrabend die Philosophie dahinter – auf Deutsch etwa so viel wie: sinnliche Klarheit. Für den Laien dürfte immerhin erkennbar sein, dass der Sportler aus Stuttgart im Vergleich zum etwas klobigen Vorgängermodell nahezu komplett ohne Ecken und Kanten auskommt. Licht und Schatten modellieren die Konturen, was den Eindruck einer durchge- henden, fließenden Oberfläche erweckt. Das garantiert nicht nur eine herausragende Optik, sondern setzt laut Hersteller auch Maßstäbe in der Aerodynamik.
Daneben ist der Gran Turismo aber auch ordentlich gewachsen; in der Länge um mehr als zehn Zentimeter, was vor allem die lang gestreckte, dominante Motorhaube mit den markanten „Power Domes“ betont. Mit sieben Zentimetern mehr Spurbreite liegt der Mercedes zudem satt und tief auf der Straße. Von den stattlichen, aber perfekt proportionierten Maßen profitiert nicht nur der Fahrspaß, auch das Platzangebot ist fürstlich, was die sportliche E-Klasse selbst für längere Reisen qualifizieren soll.
Apropos Innenraum: Bereits beim Einsteigen fühlt man sich wie beim Betreten einer kostspieligen Designerwohnung, für die ein ganzes Heer an Innenausstattern am Werk war (was vermutlich auch zutrifft). Verarbeitet sind nur ausgesuchte Materialien: Holz, Leder, Stoff – alles ist glänzend aufeinander abgestimmt. Abgerundet wird die Wohlfühlatmosphäre („Wrap-araound-Effekt“) von zwei zwölf Zoll großen Displays, die – anders als bei vielen anderen Herstellern – nicht wie Fremdkörper wirken, sondern sich perfekt ins Cockpit schmiegen.
Trotz aller Opulenz beim Interieur wirkt aus Sicht des Fahrers alles angenehm aufgeräumt – keine Spur von Überfrachtung. Alle Elemente sind vielmehr stimmig angeordnet und leicht sowie intuitiv zu bedienen.
Will man tatsächlich noch leichte Kritik anbringen, dann lediglich bei der Motorisierung – Jammern auf hohem Niveau freilich. Zum Start gibt es das Coupé zunächst mit einem 194 PS starken 2,0-Liter-Diesel sowie drei Benziner mit 184, 245 und 333 Pferdestärken. Wer Wert auf einen starken Antritt legt, dürfte aber wohl nur mit dem vorerst einzigen V6 des Allrad getriebenen E400 vollends glücklich werden. Wie schon beim Coupé der C-Klasse mangelt es den mittleren Motoren etwas an Spritzigkeit. Der getestete E300 offenbarte dazu bei starker Beschleunigung noch eine etwas angestrengte Klangkulisse.
Preislich dürfte das E-Coupé unter den Mitbewerbern übrigens ebenfalls Spitze sein. Zwischen 49000 und knapp 65000 Euro muss man beim Händler hinblättern – ohne Extrawünsche, versteht sich.