Prozess um Kindesmissbrauch wird unterbrochen
Gericht Jetzt soll ein Glaubwürdigkeitsgutachten über das Opfer erstellt werden. Das nimmt Zeit in Anspruch
Am vierten Verhandlungstag hat das Gericht das Verfahren um den Kindesmissbrauch in der Asylunterkunft unterbrochen. Jetzt soll zunächst ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu den Anschuldigungen des geschädigten Mädchens erstellt werden. Die Aussage der behandelnden Ärztin bringt Richter und Schöffen nicht weiter.
Die Ärztin, zu der die angeblich missbrauchte Siebenjährige einige Wochen nach den Vorfällen gebracht worden war, hat gestern vor Gericht ausgesagt. Die Mutter des Mädchens und weitere Frauen haben sie gedrängt, die Jungfräulichkeit des Kindes zu überprüfen. Sie habe jedoch „nicht feststellen können, ob da was gewesen sei“. Es habe keinen Hinweis auf eine frische Verletzung im Vaginalbereich gegeben. Auch ein hinzugezogener Gynäkologe habe lediglich ein klaffendes, aber kein gerissenes Jungfernhäutchen erkennen können.
Wie bereits berichtet, ist der 25-jährige Angeklagte beschuldigt, das Mädchen auf dem Gelände des Asylantenheimes zwei Mal unsittlich berührt zu haben. Nachdem das Kind einige Wochen später eingenässt hatte, hatte sie ihren Eltern von den Vorfällen erzählt. Doch der Angeklagte streitet die Vorwürfe vehement ab. Die Aussagen des Mädchens und deren Eltern sowie die Einvernahme der Lebensgefährtin brachten bisher kein Licht ins Dunkel. Auch ein 38-jähriger Bekannter hätte als Entlastungszeuge für den Angeklagten aussagen sollen. Der, so der Beschuldigte, habe den Vorfall mit dem Mädchen und dessen Vater geklärt und herausgefunden, dass die Geschichte frei erfunden sei. Vor Gericht allerdings wollte der Zeuge, der von der Polizei vorgeführt werden musste, weil er zu seiner Ladung nicht erschienen war, weder den Angeklagten noch die Familie kennen.
Nachdem die bisherigen Aussagen das Gericht nicht viel weiter vorangebracht haben, möchte Amtsrichter Gerhard Ebner nun ein Glaubwürdigkeitsgutachten der Siebenjährigen erstellen lassen. „Der Ausgang des Verfahrens hängt ganz entscheidend von der Aussage der Hauptbelastungszeugin ab“, begründete Ebner seine Entscheidung. Da diese Bewertung längere Zeit in Anspruch nimmt, wird der Prozess erst in sechs bis neun Monaten fortgeführt werden können.
Gleichzeitig wird der Haftbefehl gegen den 25-jährigen Angeklagten, der bereits seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft sitzt, außer Vollzug gesetzt. „Eine längere Haft ist nicht verhältnismäßig“, so der Richter. Der Mann muss sich jedoch wöchentlich bei der Polizei melden und darf Traunstein, wohin er in die dortige Aufnahmeeinrichtung zurückkehrt, nicht verlassen.