Ex Bürgermeister soll komplette Pension verlieren
Prozess Nach dem Urteil gegen Rudi Fuchs wegen Untreue entscheidet das Verwaltungsgericht München nicht auf Kürzung, sondern auf Aberkennung des Ruhestandsgehalts. Was das für den Betroffenen bedeutet
Einen Schlussstrich ziehen können – das wünscht sich Rudi Fuchs am Dienstag, bevor die mündliche Verhandlung der Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts München beginnt. Doch so schnell wird es ihn nicht geben. Das wird klar, als Richter Glaser für die Kammer das Urteil verkündet: Fuchs wird das komplette Ruhestandsgehalt aberkannt. Der frühere Bürgermeister Affings kündigt an, das Urteil anzufechten. Damit wird die „Affäre Fuchs“ein Fall für den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
Wenn ein Beamter verurteilt wird, hat das disziplinarrechtliche Konsequenzen. Nach Ansicht der Landesanwaltschaft Bayern sind die im Falle Fuchs auch angebracht. Wie berichtet, hat sie eine Kürzung des Ruhestandsgehalts über fünf Jahre um zehn Prozent beantragt. Das ist das höchste Maß vor einer kompletten Aberkennung.
Dass der Zug womöglich aber in diese Richtung geht, lässt der Vorsitzende Richter bald durchblicken. Nach einer fast einstündigen Beratung mit den beiden ehrenamtlichen Richtern erklärt Glaser: Die Kammer neige zur vollständigen Aberkennung. Durch seine Ausbildung und langjährige Tätigkeit sei Fuchs in besonderer Weise dazu verpflichtet gewesen, die Praxis der Stundungen einzustellen, begründet er.
Das hat zur Folge, dass sich nicht nur Fuchs’ Anwältin Anke Jung für ihren Mandanten starkmacht. Landesanwalt Michael Kumetz bezeichnet eine komplette Aberkennung als „nicht verhältnismäßig“. Er spricht zwar von einem erheblichen Fehlverhalten Fuchs’, betont aber auch, dass Gemeinderat und Rechnungsprüfungsausschuss immer von den Außenständen wussten, aber stets Entlastung erteilt hätten. Erst nach einem Wechsel im Ausschuss ab 2008 „wird der Finger tiefer in die Wunde gelegt“. Der Mahner, der die Verzinsungsvorschriften verwiesen habe, sei aber nicht für ganz voll genommen worden. Das Wissen des Gemeinderates sei der große Unterschied zu anderen Fällen, in denen heimlich gehandelt worden sei. Man könne nicht außer Acht lassen, dass der Gemeinderat die Lage kannte und „nicht konsequent dran blieb“.
Rechtsanwältin Jung argumentiert mit der uneigennützigen Motivation Fuchs’, seiner Kooperation im Straf- und Disziplinarverfahren und der Tatsache, dass der Schaden beglichen ist. Und zwar auch für die bereits verjährten Fälle der Jahre 2002 bis 2007. Die zwei betreffenden Firmen haben 370000 Euro nachgezahlt und damit auch Zinsen und Stundungsgebühren beglichen. Wenn man den Fall Fuchs in einen Topf werfe mit Fällen, in denen eigennützig gehandelt wurde, „das könnte ich nicht nachvollziehen“.
Fuchs selbst erzählt in der Verhandlung, der drei Gemeinderäte und zwei ehemalige Verwaltungsmitarbeiter beiwohnen, offen, dass er bis heute in ärztlicher Behandlung ist. Wenn man jeden Tag mit Vollgas gearbeitet habe und von 100 auf null falle, hinterlasse das Spuren, so Fuchs. Auf Anraten seines Arztes hat er sich wieder eine Beschäftigung gesucht und eine Beratungsauf und Dienstleistungsfirma gegründet. Sein ganzes Arbeitsleben sei darauf ausgerichtet gewesen, der Gemeinde zu dienen, versichert Fuchs, der vom größten Fehler seines Lebens spricht. Aber er sei unsensibel gewesen, weil es jahrzehntelange Praxis war, aber auch, weil dabei stets Einigkeit im Gemeinderat geherrscht habe.
Das Verhalten des Gemeinderates aber entlastet Fuchs nach Ansicht der Kammer nicht. Es sei Kernaufgabe des Ersten Bürgermeisters, für rechtmäßige Verhältnisse zu sorgen, begründet Glaser das Urteil. Der Gemeinde sei trotz der Nachzahlung Schaden entstanden. Denn sie habe in Vorleistung gehen müssen.
Während Fuchs noch im Gericht Berufung ankündigt, will die Landesanwaltschaft erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Pressesprecher Robert Kirchmaier spricht aber von einem „nicht alltäglichen Fall“. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, müsste Fuchs mit finanziellen Einbußen rechnen. Dann könnte er nur die gesetzliche Rente beantragen.