Wie die EU den Brexit verhandelt
Ratspräsident Tusk stellt Leitlinien vor
Das Ringen um den Brexit ist eröffnet. „Großbritannien sitzt seit Mittwoch dieser Woche auf der anderen Seite des Tisches“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk, als er auf Malta seine erste, noch grobe Skizze über die Verhandlungsstrategie der 27er-Gemeinschaft vorlegte. Zunächst soll Rechtssicherheit für die rund 3,2 Millionen Bürger geschaffen werden, die aus anderen EU-Staaten stammen, aber im Vereinigten Königreich leben.
Außerdem müssen Verlässlichkeit für die europäischen Unternehmen geschaffen, die finanziellen Verpflichtungen Großbritanniens aufgelistet und eine Lösung für das brisante Nordirland-Problem gefunden werden. Der Friedensprozess dürfe nicht dadurch unterbrochen werden, dass der zu London gehörende nördliche Landesteil künftig durch eine Grenze vom übrigen Irland getrennt sei.
„Es geht um Verhandlungen, nicht um Krieg“, unterstrich der maltesische Premierminister Joseph Muscat, der im Rahmen des halbjährlich wechselnden EU-Vorsitzes derzeit die Präsidentschaft innehat. Der Satz war nötig, denn abseits dieser beinahe lammfrommen Statements haben die Grabenkämpfe bereits begonnen. Während die britische Premierministerin Theresa May von parallelen Gesprächen ausgeht, weigert man sich in Brüssel hartnäckig, mehr als nur eine Expertenrunde tagen zu lassen.
May wird wohl zurückstecken müssen – sie hat schon genügend Porzellan mit ihrer Aussage zerschlagen, es sei ein „schwerwiegender Fehler, unsere Zusammenarbeit für den Wohlstand und Schutz unserer Bürger zu schwächen“. Wollte die Premierministerin der EU mit einer Aufkündigung der Sicherheitskooperation
Die politischen Grabenkämpfe haben bereits begonnen
drohen? Nein, beeilte sich ihr Außenminister Boris Johnson zu beruhigen: „Der Einsatz des Vereinigten Königreiches für die Verteidigung und die Sicherheit dieser Region, Europas, ist bedingungslos und keine Verhandlungsmasse bei irgendwelchen Gesprächen.“Und auch Tusk sprach von einem „Missverständnis“.
Nun zeichnet sich ab, dass der Brexit nach den Plänen der EUSpitze in zwei Phasen ablaufen soll: Zunächst wird über den Austritt selbst gesprochen. Diese Vereinbarungen könnten innerhalb der festgelegten Frist von zwei Jahren abgeschlossen sein. Danach geht man das mindestens ebenso brisante Thema der künftigen Beziehungen an – eine Prozedur, die nochmals mehrere Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Tusk zeigte sich schon am Freitag einigermaßen desillusioniert: „Das ist meine erste Scheidung. Und ich hoffe auch meine letzte.“