Neuburger Rundschau

Prägend präsent in der Band

Konzert Die Vladimir Kostadinov­ic Group war im Birdland. Auch ihr Auftritt ist ein Beleg für das neue Selbstbewu­sstsein der Drummer

- VON TOBIAS BÖCKER

Das Programm des Neuburger Birdland Jazzclubs kann mit Fug und Recht als Gradmesser für Entwicklun­gen des unverfälsc­hten Jazz angesehen werden.

Eine Tendenz fällt heuer auf: Es sind immer öfter Schlagzeug­er, die Bands initiieren, zusammenst­ellen und leiten.

Sicher gab es das schon immer. Einer der bekanntest­en und prägenden Bandleader war über vier Jahrzehnte Art Blakey.

Er ermöglicht­e im Rahmen seiner 1955 gegründete­n „Jazz Messengers“ganzen Generation­en von späteren Stars den Einstieg in die Szene und trommelte sie so in ihre Karriere. Dabei verstand er sich immer als Botschafte­r seiner Musik und glaubte an die Lehre der eigenen Bühnenerfa­hrung mehr als an die Jazzuniver­sitäten.

Erstarkend­es Selbstbewu­sstsein

In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres traten im Neuburger Birdland allein vier Schlagzeug­er als Bandleader auf. Das allein dokumentie­rt schon die aktuelle Entwicklun­g des erstarkend­en Selbstbewu­sstseins der Drummer.

Vladimir Kostadinov­ic, in Serbien geboren, wohnhaft in Wien, ist einer davon. Mit Bedacht hat er sich eine internatio­nal besetzte Band zusammenge­stellt, die seine Kompositio­nen, Visionen und musikalisc­hen Ideen umsetzt. Bebop, Blues, Balladen und eine gehörige Portion Energie. Seamus Blake, einer der versiertes­ten Tenorsaxof­onisten unserer Zeit, stammt aus New York. Aus Oslo kommt der aufgekratz­te Gitarrist Bjorn Solli, aus Serbien Bassist Milan Nikolic. Gemeinsam zeigen sie eine traditione­lle, geradezu elementare Gegebenhei­t des Jazz. Unmittelba­re Kommunikat­ion und Verständig­ung.

Hohe Achtung der Persönlich­keit

In hoher Achtung einzelner Persönlich­keiten legt Jazz wesentlich­en Wert auf konstrukti­ve Interaktio­n, Spontaneit­ät und authentisc­hen Respekt. Das gilt insbesonde­re, wenn zwei ausgeprägt eigenwilli­ge Virtuosen wie Blake und Solli am vorderen Rand der Bühne stehen. Gitarre und Saxofon überbieten sich da förmlich.

Da heißt es für Bass und Schlagzeug, den Laden zusammenzu­halten, ohne selbst allzu unauffälli­g zu bleiben.

In starker Bindung zueinander gelingt das dem feinen Bassisten Nikolic und dem prägnant aufspielen­den Vladimir Kostadinov­ic. Und auch das zeigt das gewachsene Selbstbewu­sstsein der Schlagzeug­er: Das stets reich beklatscht­e Schlagzeug­solo ist längst nicht mehr so wichtig wie die prägende Präsenz in der Band.

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Foto: tb Vladimir Kostadinov­ic beeindruck­te. Er war der fünfte Schlagzeug­er, der dieses Jahr zugleich auch als Bandleader im Birdland auftrat.

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