Rollentausch auf dem Meer
Der „Bär im Boot“im Jungen Theater
Am Samstagnachmittag in der Werkstatt Junges Theater in Ingolstadt war eigentlich am Anfang alles klar. Der Junge (ohne Namen) betrat das Boot des Bären, um auf die andere Seite zu kommen. Schnell vertraute er sich dem sicheren Seebären, dem Kapitän, an. Immerhin trug dieser auch eine richtige Kapitänsmütze und musste sich somit auf den Ozeanen und Seen gut auskennen.
Seine Rituale, der Vier-Uhr-Tee, die leckeren Sandwiches und auch die unermüdliche Ruhe des Bären (dargestellt von Nils Buchholz im entzückenden Bärenfell-Fatsuit), ließen den Jungen in Sicherheit wiegen und sanft einschlafen.
Am Morgen war das Ziel aber noch nicht erreicht. Für Olivia Wendt, in der Rolle des Jungen, wurde langsam klar, so gut kannte sich der Bär wohl doch nicht aus.
Erste Zweifel kamen auf. Der Kapitän hatte keinen Kompass, kannte die Sternenbilder nicht und die einzige Karte, die er besaß, bestand nur aus blauem Wasser und einem Kekskrümel. Und gerade eben waren sie am Nirgendwo vorbeigefahren.
Als noch ein Gewitter aufzog und das Boot fast kenterte, war das Vertrauen zunächst gebrochen.
Nicht für das Publikum. Sie blieben gerne an Bord. Die Zuschauer, ob groß, ob klein, waren fasziniert von dem ideenreichen und zauberhaften Bühnenbild von Dietlind Konold. Das Boot Harriet stellte eine sichere Festung als Bühne für lustige und feinsinnige Dialoge dar. Die Meeresstimmung, die mit einfachsten Mitteln (Wasserplätschern im Eimer) erzeugt wurde, ließ den Zuschauer mit in See stechen.
Als diese unklare Reise ins Nichts jedoch durch das gruselige Seeungeheuer Krake und einer gefährlichen Teekocher Explosion auf dem Geisterschiff ins Wanken gerät, stehen dem Bären und dem Jungem schon die Haare zu Berge. Und das vollständige Kentern und der Verlust von der sicheren Harriet stieß das Reiseduo an seine Grenzen. Plötzlich war es um die Selbstsicherheit des Bären geschehen.
Nun war es Zeit für einen Rollentausch: Der Junge übernahm nun die Verantwortung und gab dem Bären die Sicherheit und den Mut zurück, den er zunächst vom ihm erhielt.
Ein Stück über gegenseitiges Vertrauen, das Wachsen über sich hinaus in außergewöhnlichen Situationen. Und den Mut, sich dem Leben zu stellen.
Amüsant und doch glaubwürdig dargestellt, ohne den Zeigefinger zu erheben oder eine lehrreiche Schwere in das Stück zu bringen, ist Julia Mayr eine Inszenierung gelungen, die einfach Mut macht und die Vorfreude weckt auf zukünftige Theaterabenteuer.