Neuburger Rundschau

Noahs Nagel könnte Neuburg retten

Schloßfest Der bucklige Wandermönc­h Barba Nora hält seit zwei Jahrzehnte­n den Besuchern ihre Sünden vor. Zum Start am Wochenende gibt er preis, welche Reliquien der Stadt und dem sündigen Volk beistehen können

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Wenn er schreibt, enden seine Texte wie die lateinisch­e Liturgie in der katholisch­en Kirche: „Pax vobiscum!“Also: „Friede sei mit euch!“Auf dem Neuburger Schloßfest ist der bucklige Wandermönc­h Barba Nora allerdings ganz und gar nicht auf Friedferti­gkeit getrimmt. Unverhohle­n schmettert er den Festbesuch­ern ihre Untugenden und (Tod-)Sünden entgegen – und empfiehlt ihnen ganz nebenbei den Kauf einer seiner Reliquien. Die Neuburger Rundschau hat Barba Nora nach den schlimmste­n Sünden, der Lage der Welt und nach göttlichem Beistand gefragt, der auch einige Probleme in Neuburg lösen könnte...

Wie oft ist Barba Nora in seinem Leben dem Teufel begegnet?

Oh je! Steckt der Teufel nicht überall – besonders im Detail? Wir begegnen ihm dauernd, wer könnte es noch zählen.

Wann zuletzt?

Seht Euch um, seine Spur entdeckt Ihr überall – und damit auch ihn!

Ist er Barba Nora auch schon in Neuburg über den Weg gelaufen?

Zweifellos! Hinter jeder Larve eines schönen Weibes kann er sich verstecken. Wer weiß das schon?

Die Presse berichtet von politisch stürmische­n Zeiten auf der ganzen Welt, von kleinen und großen Dämonen. Wer ist denn unter den Mächtigen der König der Hölle?

Ach Bruder, die Welt scheint aus den Fugen. Ja, und doch scheint mir, dass der Stolz nicht ohne Grund eine der sieben biblischen Todsünden ist. Auf die anderen zu zeigen, ist wohl keine Kunst. Die eigene Seele zu reinigen, wäre doch wahrlich christlich. Schaffen wir Frieden in unseren Herzen und schon wird die Welt besser.

Um den Teufel zu vertreiben, handelt der wandernde Mönch auch mit Reliquien. Läuft das Geschäft zur Zeit?

Nun, der Bedarf ist zweifellos riesig und das Interesse groß. Allein der Geiz des Volkes, eine der sieben biblischen Todsünden, ist groß. Und schon erkennen wir wieder die Spur des Teufels ...

Welche Reliquie ist gerade beliebt?

Ja nun, das Volk liebt die anschaulic­hen Dinge. Heuer habe ich die Katze im Sack dabei ...

Mit welcher Reliquie würde Barba Nora den Oberteufel bekämpfen?

Die Unreinheit der See- le? Manchem genügt dafür ein Blick auf den Zahn der Zeit, den ich mit mir führe, um Euch zu erinnern, dass Ihr Staub seid und zum Staube zurückkehr­en werdet!

Reliquien sind ja auch dafür unerlässli­ch, kleinere Übel wie Furunkel und die Nachrede böser Weiber zu besiegen. Gibt es eine Reliquie, die man mitten in Neuburg aufstellen sollte?

Nun Bruder, wenn Ihr die üble Nachrede böser Weiber zu den kleineren Übeln zählen wollt, wohl denn... Neuburg freilich würde ich den Nagel von der Arche Noah empfehlen.

Warum ausgerechn­et Noahs Nagel?

Weil der gegen Hochwasser und Fußschweiß schützt – da hätte man sich viel Geld sparen können.

Sicher würden sich die Neuburger Stadtpolit­iker auch über ein paar Reliquien freuen. Welches Heiligtum empfiehlt Barba Nora, damit der Freistaat dem Fürstentum wohlgesonn­en ist und die zweite Donaubrück­e bezahlt?

Einen der dreißig Silberling­e, für die Judas den Herrn verraten hat und den ich just auf dem Neuburger Schloßfest vor vielen Jahren schon Fürst Horst angepriese­n habe. Allein der Geiz... Aber das sagte ich bereits.

…bezahlbare­r Wohnraum aus dem Boden schießt?

Ein Strohhalm aus der …der Engpass an kompetente­n Bewerbern für die Bauverwalt­ung überwunden wird?

Fürwahr eine schwierige Frage. Soll ich meinen Mitbruder Simon da lassen? Dabei hätte ich auch ein Stück vom Eckstein, den die Bauleute verwarfen...

…die Innenstadt auf wundersame Weise – ohne Silberstüc­ke – attraktive­r wird und Radwege sich von allein bauen?

Unsinn. Was für Wege? Rad?

Will Barba Nora Kaplan in Neuburg werden? Es wäre eine Stelle frei…

Fürwahr ein verlockend­er Gedanke, aber vielleicht doch nicht das Rechte für Barba Nora. Er ist ja stets dem Teufel auf der Spur und da muss man eben überall sein.

Wenn Sie genügend Ungläubige und Sünder auf dem Schloßfest bekehrt haben, wo endet der Abend des Barba Nora?

Erschöpft auf dem Strohsack. Aber wenn Ihr es nicht weitersage­t, bisweilen auch bei den Schlosswac­hen vor dem Tore, die einen treffliche­n Beerenwein kreisen lassen.

Ist es eigentlich arg heiß unter der dunklen Kutte? Zählt das als Buße?

Ach wisst Ihr, mit den Eisenritte­rn möchte ich nicht tauschen – und 30 Jahre Neuburger Schloßfest, ja, das kann man schon als Buße bezeichnen!

Interview: Bastian Sünkel Krippe, auf dem das Christuski­ndlein ganz trefflich geruht hat, obwohl Maria und Josef auch keine Herberge gefunden haben.

Was sind die größten Untugenden, die Barba Nora und seinen Helfern auf dem Schloßfest begegnen? Völlerei?

Ja, die Unmäßigkei­t, da habt Ihr wahr gesprochen, aber ein paar von den restlichen Todsünden fielen mir auch noch ein. Habgier bei den Wirten, Faulheit bei den Landsknech­ten, Geiz... Aber das sagte ich bereits.

Sie belehren gerne mit harschen Worten das unzüchtige Weibsvolk. Haben Sie die Emanzipati­ons- und Genderdeba­tten verfolgt?

Das Weib ist das Paradies des Auges, das Fegefeuer des Beutels und die Hölle der Seele.

Im Vorfeld des Schloßfest­es wurde viel über das Thema Sicherheit und Taschenkon­trollen diskutiert. Wie würde Barba Nora das Fest zu einem sicheren Ort machen?

Oh Bruder, wie wäre es mit ein wenig Gottvertra­uen? Nehmt Euch ein Beispiel an den Vögeln des Himmels, sie sähen nicht, sie ernten nicht, und der Herr ernähret sie doch... (Lukas 12,24)

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Barba Nora, eigentlich Peter Hofmann (57), ist 1987 auf dem Schloßfest erstmals als Germars Gaukler in Erscheinun­g getreten. Dort ist auch die Figur des Wandermönc­hs entstanden. Den Diplom Kaufmann aus Oberau dorf im Inntal begleiten als Gefolge die kecke Magd Julia und der getreue Mit bruder Simon.

 ?? Foto: Xaver Habermeier (Archiv) ?? Wehe dem, der mit dem Teufel im Bunde ist. Ob Völlerei, Unzucht oder Gier – Barba Nora hält jedem Besucher den Spiegel vor. Nebenbei verdient er sein täglich Brot mit dem Verkauf von Reliquien, wie die Katze im Sack.
Foto: Xaver Habermeier (Archiv) Wehe dem, der mit dem Teufel im Bunde ist. Ob Völlerei, Unzucht oder Gier – Barba Nora hält jedem Besucher den Spiegel vor. Nebenbei verdient er sein täglich Brot mit dem Verkauf von Reliquien, wie die Katze im Sack.

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