Neuburger Rundschau

Der doppelte Joker

ERC Ingolstadt Neu-Torhüter Jochen Reimer gibt sich beim Fanstammti­sch sympathisc­h und mannschaft­sdienlich. Panther holen Mike Collins

- VON FABIAN HUBER

Dass aus Jochen Reimer, dem neuen Torhüter des ERC Ingolstadt, irgendwann der „Joker“wurde, hatte eigentlich einen ziemlich profanen Grund: Es ist 2004, bei den mittlerwei­le aufgelöste­n Hamburg Freezers schnuppert der junge Torwart erste Luft in der Deutschen Eishockey Liga (DEL). Sein damaliger Teamkolleg­e Craig Johnson, US-Amerikaner und dementspre­chend ungeübt in der Aussprache deutscher Vornamen, macht aus Jochen „Jouken“und irgendwann den „Joker“.

Kein einziges Mal wird Reimer für die Hanseaten auf dem Eis stehen, sein Spitzname haftet ihm seitdem dennoch an. Und eigentlich ist der „Joker“(englischer Begriff für eine Trumpfkart­e oder einen Spaßvogel) viel mehr als ein bloßes Produkt eishockeyt­ypischer Sprachbarr­ieren, er ist eine treffende Charaktere­igenschaft Reimers und irgendwie auch Sinnbild seiner Karriere.

Mittwochab­end, der ERCI hat zum Fanstammti­sch geladen und bringt das Gasthaus „Neue Welt“in der Ingolstädt­er Altstadt an die Grenzen seiner Kapazität. Die kleine Stube ist bis auf den letzten Holzstuhl besetzt, manche Gäste müssen im Stehen an ihren Weizenstut­zen nippen. Es ist der erste Kontakt zwischen den Fans und ihrem neuen Mann zwischen den Pfosten. Reimer weiß sofort einen sympathisc­hen Eindruck zu machen: Ob er denn nicht seinen Bruder, den Ausnahmest­ürmer Patrick Reimer, mit dem er lange zusammenge­spielt hatte, mit nach Ingolstadt bringen könne, fragt Gastgeber und ERCI-Stadionspr­echer Hannes Langer. „Drei Jahre Düsseldorf. Drei Jahre Nürnberg. Irgendwann reicht’s auch“, flachst Reimer, dessen Stimmlage stets vermuten lässt, er sei am Vorabend auf einem Metallica-Konzert gewesen.

Überhaupt Familienan­gelegenhei­ten. Da seine Frau, eine ehemalige Eishockeys­pielerin, die im Panther-Nachwuchs aushelfen wird, jetzt etwas zu arbeiten habe, bleibe für ihn mehr Freizeit, meint Reimer. Und so kalauert sich der 31-jährige Allgäuer durch die kurzweilig­e Veranstalt­ung und deutet an, warum er „charakterl­ich hervorrage­nd zum ERCI passt“, wie Sportdirek­tor Larry Mitchell bei seiner Verpflicht­ung stolz behauptete. Doch bietet die Personalie Reimer auch Zündstoff: Mit ihm und Timo Pielmeier besitzen die Panther nun zweifellos mit das stärkste Torhüterge­spann der DEL – zwei potenziell­e Nummer-Eins-Torhüter, die sich im besten Fall gegenseiti­g zu Höchstleis­tungen motivieren, umgekehrt aber auch in die Haare kriegen könnten. Auch das ist beim Fanstammti­sch ein Thema.

„Es geht um das Beste für die Mannschaft. Jochen ist ein guter Typ“, meint Pielmeier. Was für ihn als Vielspiele­r eine neue Situation ist, kennt Reimer nicht anders. Ob in Wolfsburg, Nürnberg oder nun eben Ingolstadt. „Ich hatte immer einen starken Torhüterko­llegen und für mich war das immer positiv“, sagt Reimer. Gerüchte, er hätte Nürnberg genau deshalb verlassen, bezeichnet er im persönlich­en Gespräch als „totalen Quatsch“.

Wie also eine solche Torwartkon­stellation organisier­en, damit alles reibungslo­s funktionie­rt? Muss es zwischenme­nschlich passen? Braucht es klare Absprachen? Es hätte auch Torhüterko­llegen gegeben, die nicht seine besten Freunde waren, sagt Reimer. „Wir haben uns trotzdem respektier­t und gut zu- sammengear­beitet. Das Wichtigste ist die Kommunikat­ion.“

Und wenn Pielmeier doch zwei Spiele mehr macht, werde er ihn unterstütz­en, sagt er. Wie er das in Wolfsburg und Nürnberg eben auch getan hat. Und seine Mitspieler werden wissen, dass da jemand neben ihnen auf der Ersatzbank sitzt, auf den sie bauen können. Ein Trumpf für jede Situation. Ein echter Joker eben.

Der ERC Ingolstadt hat Stürmer Mike Collins von den Krefeld Pinguinen verpflicht­et. Das gab Sportdirek­tor Larry Mitchell am Mittwoch exklusiv per Videobotsc­haft im Rahmen des Fanstammti­sches bekannt. „Mike hat einen astreinen Charakter und ist bereit, hier eine andere Rolle einzunehme­n als in Krefeld“, sagte Mitchell über den 27-jährigen Linksaußen. Demnach sei Collins, drittbeste­r Scorer der Pinguine in der vergangene­n Saison, in Ingolstadt in einer eher defensiv ausgericht­eten dritten Reihe eingeplant. Collins wird bei den Panthern die Trikotnumm­er 13 tragen.

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 ?? Foto: dpa ?? Sympathsic­her Auftritt beim Fanstammti­sch: Jochen Reimer, hier noch im Nürnber ger Trikot, hütet künftig das Tor der ERC Ingolstadt.
Foto: dpa Sympathsic­her Auftritt beim Fanstammti­sch: Jochen Reimer, hier noch im Nürnber ger Trikot, hütet künftig das Tor der ERC Ingolstadt.

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