Wo die beliebteste Goldmünze entsteht
Reportage Der südafrikanische Krügerrand ist gerade bei den Deutschen beliebt. Er entsteht in einem Bergbaustädtchen nahe Johannesburg. Ein Besuch in der Raffinerie
Schon die Fahrt kündigt die größte Goldraffinerie Afrikas an. Gewaltige Schuttberge säumen die R24-Autobahn in Johannesburg, stumme Zeugen des Goldrausches, der vor 130 Jahren begann. Eher unscheinbar präsentiert sich dann die Rand Refinery in einem Industriegebiet in Germiston, einem schmucklosen Bergbaustädtchen 15 Kilometer östlich der südafrikanischen Metropole.
Hinter anthrazitfarbener Fassade versteckt sich der nach Angaben der Betreiber sicherste Ort Afrikas. Seit dem Jahr 1920 wurde hier ein Drittel des jemals produzierten Goldes verarbeitet. Das Gold wird mit Hubschraubern direkt aus Südafrikas Bergwerken eingeflogen. Bei Importen aus anderen Ländern des Kontinents steht am Flughafen von Johannesburg ein eigenes Areal zur Verfügung. Transporte über die Straße werden vermieden.
Die Mauern der Raffinerie gelten als unzerstörbar. Nach der Fertigung in der Schmelze werden die über zwölf Kilogramm schweren Goldbarren hinter einer 50 Zentimeter dicken Tresortür gelagert. Zugang zur Fabrik ist nur mit einem ausgeklügelten Fingerabdrucksystem möglich. Und Ausgang nur nach dem Passieren eines Röntgenapparats, damit die Mitarbeiter keine Goldkörnchen rausschmuggeln.
Ein wenig gestresst erscheint Marketingdirektor Richard Collocott in einem fensterlosen Konferenzraum zum Interview. Er hat in diesen Tagen viel zu tun, denn am heutigen Montag feiert das wichtigste Produkt der Rand Refinery 50-jähriges Jubiläum: der Krügerrand, Urvater der Investment-Münzen. Ein wenig Zeit nimmt sich der Manager aber doch. „Ohne Deutschland wäre die Erfolgsgeschichte des Krügerrands nicht möglich gewesen“, sagt er.
Beinahe jeder dritte Krügerrand wird im deutschsprachigen Raum verkauft. Die Deutsche Bank war 1969 der erste internationale Distributionspartner. Und noch eine Verbindung gibt es: Das Abbild des ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Paul Kruger auf der Vorderseite wurde vom deutschen Münzmeister Otto Schulz entworfen.
Inzwischen wurden weltweit 60 Millionen Münzen verkauft, beinahe so viele wie die internationalen Hauptkonkurrenten zusammen. Am Erscheinungsbild hat sich seit 1967 wenig verändert. Auf der Rückseite ist der Springbock zu sehen, Südafrikas Nationaltier. Das Standardgewicht beträgt 33,9 Gramm. Rund 92 Prozent davon sind Feingold, der Rest eine Kupferlegierung, um die Oberfläche härter und kratzfester zu machen. Anders als die meisten Wettbewerber hat der Krügerrand damit 22 statt 24 Karat.
Auch aktuell ist die Nachfrage aus Deutschland für den Aufschwung des Krügerrands entscheidend. Im ersten Quartal 2017 wurden in Deutschland 13 Prozent mehr Krügerrand-Münzen verkauft als im Vorjahreszeitraum. So hat der Krügerrand erstmals seit rund 30 Jahren die Position der weltweit führenden Goldanlegermünze zurückerobert. 34 Tonnen Gold wurden vergangenes Jahr für das Prägen verwendet. „Ein phänomenaler Erfolg“, sagt Collocott. Zurückzuführen ist das Ergebnis auch auf das Marketing zum Jubiläum. Das Produktionsverfahren in der 40 Kilometer entfernten Münzprägeanstalt „SA Mint“wurde verfeinert. Nun entsprechen Details wie die Pflanzen unter dem Springbock dem Stand von 1967. Derzeit kostet eine Münze im Handel über 1130 Euro – rund 20 Euro mehr als ein entsprechender Barren.
Für sein Geschäft sieht Collocott weiter gutes Potenzial. Denn je instabiler das wirtschaftliche und politische Klima, umso höher in der Regel die Nachfrage nach Gold. Während sich in den vergangenen 5000 Jahren ganze Zivilisationen verändert haben, sei die Rolle von Gold stabil. Sorge bereiten ihm lediglich Leitzins-Erhöhungen in den USA. Eine Straffung der Geldpolitik ist Gift für die Goldanlage.
Die goldenen Zeiten der siebziger Jahre wird der Krügerrand aber nicht mehr erreichen. Südafrika, wo damals 70 Prozent des weltweiten Goldes geschürft wurde, war auf den Zusammenbruch der BrettonWoods-Währungsordnung vorbereitet. Mit seiner Abschaffung im Jahr 1971 wurde der Privatbesitz von Gold wegen der hohen Inflation in den USA populär. Die Nachfrage nach dem Krügerrand explodierte. Im Einführungsjahr 1967 wurden einmal 40000 Münzen geprägt. Im Jahr 1978 waren es sechs Millionen.
Das sei vorbei, sagt Collocott. Damals war der Krügerrand die einzige Goldanlegermünze. Es folgten Nachahmer wie der kanadische Maple Leaf. Und auch Südafrika ist nur noch der siebtgrößte Goldproduzent weltweit. Die Marke gilt aber weiter als krisenfeste Geldanlage, in Südafrika ist die Münze als Zahlungsmittel zugelassen. Dabei sorgt ihr Name für Diskussionen, schließlich ist die Münze nach dem Übervater des burischen Nationalismus, Paul Kruger, benannt.
Kruger war vor rund 120 Jahren Präsident der Südafrikanischen Republik, vielen schwarzen Südafrikanern gilt er als Apartheid-Vordenker. Teile der Regierungspartei African National Congress (ANC) fordern die Entfernung sämtlicher Denkmäler, die dem Politiker gewidmet sind. Bei der Rand Refinery kam nach dem Ende der Apartheid kurz der Gedanke an eine Namensänderung auf. Darunter hätte die Marke aber zu stark gelitten.
„Wir erachten den Krügerrand als hochwertige Repräsentation von Südafrikas Rohstoffreichtum und damit als unpolitisch“, sagt Collocott. Ohnehin hätte das Parlament in den 60er Jahren fast beschlossen, die Münze „Troyan“zu nennen. Im letzten Moment fiel auf, dass dies mit dem Namen eines amerikanischen Kondomherstellers kollidiert hätte. Das galt nicht als salonfähig.
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