Ist die Tour wieder sauber?
Gestern Abend sind auf dem Pariser Champs-Élysée wieder drei Wochen Tour de France zu Ende gegangen. Zum vierten Mal hieß der Sieger Christopher Froome. Dass der Brite dafür keine der 21 Etappen gewinnen musste, gehört zu den Eigenheiten der Frankreich-Rundfahrt. Die Tour ist Mannschaftssport und Christopher Froome hatte mit Sky das stärkste Team an seiner Seite.
Auch in ihrer 104. Auflage hat die Tour ihren Ruf als härtestes Radrennen der Welt wieder bestätigt. Aus diesem Superlativ zieht sie ihre Faszination. Man muss nicht einmal selbst als Sonntagsradler einen Hügel hochgekeucht sein, um zu ahnen, was mit der Tour der Leiden gemeint ist. Es reicht, vom Sofa aus in die Gesichter der Fahrer zu blicken, die sich über Pyrenäenund Alpenpässe quälen.
Irgendwann taucht dann die Frage auf, ob das überhaupt zu schaffen ist ohne Amphetamine, Blutund Hormondoping. Es ist ja noch nicht lange her, da schien die Tour im Sumpf der synthetischen Beschleuniger zu versinken. Der Radsport war zum Augiasstall des Betrugs und der Lüge verkommen. Die Tour hatte sich darin eingerichtet – bis die Denkmäler ihrer Helden zerfielen. Zuletzt das ihres Größten: Lance Armstrong, siebenmaliger Toursieger. Der Amerikaner taucht heute nur noch in Schadenersatzprozessen ehemaliger Sponsoren auf, die sich von Armstrong betrogen fühlen.
Die Tour versucht sich von ihrer Dopingvergangenheit abzugrenzen, weshalb die Veranstalter nicht traurig waren, dass Jan Ullrich beim Auftakt in Düsseldorf fehlte. Ob die Abgrenzung auch nach innen funktioniert, wissen nur die Athleten selbst. Dass die Generation nach Armstrong einen sauberen Sport predigt, ist so wenig ein Hinweis dafür wie das Ende der Tour ohne Dopingbefund.
Heutzutage fliegen Sportbetrüger meist erst dann auf, wenn ihre Proben in einigen Jahren einem verbesserten Analyseverfahren unterzogen werden. Dann wird man wissen, ob man sich vor Froome verneigen darf, der am Sockel zu den Denkmälern der Fünffach-Sieger Anquetil, Merckx, Hinault und Indurain steht. Eine Nähe, die Zweifel begleiten. Auf jedem Seriensieger liegt ein Schatten.
Alle, die sich bereits wieder dem Glauben an einen sauberen Radsport hingeben, hat Fritz Sörgel gestern aus den Träumen gerissen. „Die Teams“, so der Anti-DopingExperte, „arbeiten am Limit der menschlichen Leistungsfähigkeit. In diesen Bereichen reichen auch kleinste Mengen leistungssteigernder Substanzen.“
Dabei sind Col d Izoard und Col de la Croix ganz ohne Dopingmittel zu schaffen. Nur langsamer.