Wie Seehofer den Diesel retten will
Affäre Vor dem Gipfeltreffen am Mittwoch bringt CSU-Chef Steuervergünstigungen ins Spiel
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will den schrumpfenden Markt für Dieselautos nach einem Bericht des Spiegels mit Steuervergünstigungen stützen. „Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der Kfz-Steuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro6-Diesels setzen würden“, sagte der Parteichef.
Vor dem Diesel-Gipfel am Mittwoch forderte Seehofer zudem die Einrichtung eines staatlichen Fonds für die Umrüstung von Taxis, Bussen und Müllautos mit Dieselmotoren, um die Stickoxidbelastung in den deutschen Innenstädten zu senken. Dorthin könnten auch die Mittel zur Förderung der E-Mobilität fließen, die zur Verfügung gestellt und nicht abgerufen worden seien, schlug er vor.
Seehofer zeigte sich überdies offen für die Einführung von Sammelklagen gegen die Industrie. Die Schaffung einer entsprechenden Neuregelung „muss man überlegen“, sagte er im ZDF-Sommerinterview, das am Sonntagabend ausgestrahlt wurde. „Ich bin da nicht abgeneigt.“Wenn sich am Verhalten der Industrie nichts ändere, müsse auch über härtere Maßnahmen nachgedacht werden, fügte Seehofer hinzu. Der CSU-Chef zeigte sich damit offen für ein Gesetzesvorhaben von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), das die Union Berichten zufolge bislang abgelehnt hat. Solche Sammelklagen würden derzeit vor allem die Autoindustrie – und hier besonders Volkswagen – hart treffen.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte am Freitag den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet. Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht. Die Autoindustrie hofft aber, Diesel-Fahrverbote noch abwenden zu können.
Von SPD-Seite stieß der Seehofer-Plan zu Steuersenkungen für moderne Dieselfahrzeuge auf heftige Kritik. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nannte das Vorhaben „absurd“. Heil nahm angesichts der Dieselaffäre die Autohersteller in die Pflicht. „Sie stehen jetzt in allererster Linie in der Verantwortung für ihre Kunden und Verbraucher. Aus dieser Verantwortung darf der Staat sie nicht entlassen“, sagte er. Die Hersteller hätten viel Vertrauen zerstört und müssten nun auch finanziell dafür geradestehen.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ging vor dem Diesel-Gipfel am Mittwoch die deutschen Autohersteller mit harschen Worten an. Die Autobauer sollten ihrer „verdammten Verantwortung“gerecht werden und Fehler beheben, sagte der CSU-Politiker. Dobrindt, dem die Opposition Laschheit gegenüber der Autoindustrie vorwirft, meinte: „Die Autoindustrie hat sich in richtig schweres Fahrwasser gebracht. Es droht auch ein Schaden für die Marke ,Automobil made in Germany‘. Das empfinde ich als furchtbar.“
Aus Dobrindts Sicht ist die Krise für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu einer schweren Belastung geworden. Der CSU-Politiker forderte, manipulierte Fahrzeuge müssten in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht werden. Illegales Verhalten werde er nicht tolerieren. Dobrindt: „Die Autoindustrie muss mehr Dynamik bei Innovationen der Antriebstechniken an den Tag legen.“(dpa, afp)
SPD hält Pläne der CSU für „absurd“
»Seite 2 Jürgen Marks befasst sich im Leitartikel mit der Frage, was jetzt passieren muss. »Politik Martin Ferber analysiert die Rolle von Verkehrsminister Dobrindt. »Wirtschaft Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann im Interview.