Momente, die es wert sind, gesammelt zu werden
Konzert Werner Schmidbauer und Martin Kälberer im Schlosshof
Sie sind wieder da – und dann soll es auch schon wieder vorbei sein? Werner Schmidbauer und Martin Kälberer, der „Momentensammler“und der Multi-Rhythmiker, hatten eine Pause – eine lange Auszeit aus gesundheits- und reisetechnischen Gründen, wie Schmidbauer meldete. „Doch warum soll man auf etwas verzichten, was so viel Spaß macht?“
Jetzt spielen sie wieder zusammen, aber nur so lange, bis sie sich dann alleine auf den Weg machen – solistisch und in neuen Projekten. Am Samstagabend waren sie wieder zusammen im gut gefüllten Neuburger Schlosshof zu sehen, in einer „fantastischen Kulisse mit super Akustik“, wie Schmidbauer bemerkte, gleich nachdem er Kontakt zum Publikum hergestellt hatte.
Das sind die Momente, die es wert sind gesammelt zu werden und im Anfangsstück „Endlich mal wieder“beschreibt er sie: mit jemandem gute Gedanken weiterentwickeln, ein Brief, ein Händedruck – seltene Momente in Zeiten von Zeitmanagement und Netzkontakten.
Er kritisiert den „seelenlosen Brei“im Radio, das „Glück von der Stange“und die „Hirn-Vermüllung in Facebook“– Schmidbauer fragt „Wo bleibt die Musik?“und das Publikum singt zustimmend mit. Das Liebeslied für „Istanbul“erinnert an die ehemals so Lebensfreude ausstrahlende Stadt, die jetzt so gefährlich geworden ist für freie Geister.
Kein Wunder, dass die Welt in Aufruhr ist, sagt Schmidbauer, „wenn man in die dumpf-depperten Gesichter auf dem G20-Gruppenbild schaut, fragt man sich, auf was diese Leute stolz sind“. Stolz kann man nur sein auf etwas, was man selber erreicht hat, nicht auf die Daten im Pass: „Oberbayer, Massai oder Eskimo – Hauptsach’ i bin a freier Mo“singt Werner Schmidbauer.
Martin Kälberer ist in diesem Stück der Backgroundchor, doch dann greift er zum Hang, dem Instrument, das aussieht wie zwei zusammengeklebte Woks und Töne erzeugt, die einer sanften Steeldrum entlockt sein könnten. „Südhang“heißt das farbenreiche Instrumentalstück, in dem Kälberer endlich in den Vordergrund rückt. Bis dahin konstruierte er den Sound mit einer Vielfalt an Instrumenten: Piano, Trommeln, Becken, Akkordeon.
Zwischen den beiden Musikern ist viel Raum auf der Bühne – den füllt Wally Warning, der „eigentlich Holländer“von der Südseeinsel Aruba. Er spielt nicht nur den Bass, „der uns immer schon gefehlt hat“, so Schmidbauer. Wally Warning bringt Südsee-Feeling in den Schlosshof. In der Kreolsprache Papiamento fordert er das Publikum zum „Loslassen“auf – man könnte auch mittanzen, doch das Publikum beschränkt sich auf Wippen und Klatschen.
Dann kommt Wallys Tochter Amira und überrascht mit ihrer tiefen samtigen Stimme. „Das Leben ist eigentlich gut – man braucht nur Mut“singt die junge Frau so überzeugt, als ob sie es genau wüsste. Doch leider ist die „Zeit der Deppen“, singt Schmidbauer, „es brennt an allen Ecken“, da hat sich zwischen G. W. Bush und Donald Trump fast nichts verändert. Und Wally Warning singt wie zur Bestätigung ein kraftvolles „Killing with Promises“, begleitet von der asiatischen shrutibox und Martin Kälberer mit dem Hang.