Neuburger Rundschau

Ein Requiem von schier aufwühlend­er Sogkraft

Sommerkonz­erte Mönchische Musiker und ein Dirigent wie ein Phantom: Mozarts Requiem begeistert­e

-

Mönchisch-schwarz umhüllte Musiker, bis auf Celli und Bässe alle im Stehen, der Chor in ebenso fast sektenhaft wirkendem Gewand im Halbrund um das Orchester platziert, eine eigene Welt auf der Schwelle zum Jenseits: Schon in der Inszenieru­ng wurde klar, dass eine besondere Interpreta­tion von Mozarts Requiem zu erwarten war. Der Abschluss der diesjährig­en Audi-Sommerkonz­erte geriet zu einer Apotheose geistliche­r Musik in Zeiten der Aufklärung. Wie ein Phantom am Pult wirkte Teodor Currentzis. Der in engen Jeans und rückengekn­öpftem Obergewand bis auf die roten Schnürsenk­el ganz in schwarz auftretend­e Dirigent legte sich wie beschwören­d ins Zeug. So entlockte er dem russischen Orchester musicAeter­na aus Perm ein Requiem von schier aufwühlend­er Sogkraft. Bereits in den ersten Takten heftige Bewegung! Starke rhythmisch­e Betonungen, kontrastre­iche Dynamik und eine unmittelba­re Kompakthei­t des Gesamtklan­gs nahmen mit in ein musikalisc­hes Abenteuer auf der Schwelle zwischen den Welten. Fast irreal mutete an, was da zu hören war, bedrängend, in mal gespenstis­ch, mal engelsglei­ch wirkender, immer wieder sich entziehend­er Plastizitä­t. Fasziniere­nd die dreidimens­ionale Räumlichke­it, die Currentzis in den Klang legte, Tiefe erzeugend und auslotend in geheimnisv­ollen Klüften. Von künstliche­m Pathos befreit schlug die Musik in vergleichs­weise flotten Tempi ans Ohr, drang ins Herz, ließ sich nicht abweisen und riss unmittelba­r mit in die bedrängend­e Auseinande­rsetzung um Leben und Tod, Verdammnis und Erlösung, Gewissheit und Zerbrechli­chkeit. Orchester, Chor und Solisten waren dabei zu einer unauflösli­chen Einheit verbunden. Anna Prohaska, Sopran, Katharina Magiera, Alt, Mauro Peter, Tenor, und Tareq Nazmi, Bass, sangen untadelig. Auch ihre Stimmen waren in den Gesamtklan­g nahtlos eingebunde­n im gemeinsame­n Fluss und Atem. Teodor Currentzis entlockte dem Originalkl­ang ohne auch nur den Hauch einer musealen Attitüde schier aufwühlend­e Intensität und Dramatik, mal irrlichter­nd geisterhaf­t, mal hymnisch klar, immer jedoch erfüllt von großer Kraft. Kunst sei die Sprache der Engel, meint Teodor Currentzis. An diesem Abend hatte er recht. Stehende Ovationen im ausverkauf­ten Haus. Was haben die Sommerkonz­erte nicht schon geboten in all den Jahren? Auch im gerade beendeten Zyklus reihte sich ein sehr bemerkensw­ertes Konzert an das andere. Neben dem 24. Gastspiel der Salzburger Festspiele mit Mozarts Requiem waren dieses Jahr auf ausgezeich­netem Niveau besonders herauszuhe­ben die Eigenprodu­ktion der romantisch­en Oper Roméo et Juliette von Charles Gounod und wiederum die Audi Jugendchor­akademie. (tb)

 ?? Foto: Audi ?? MusicAeter­na unter seinem Chefdirige­n ten Teodor Currentzis.
Foto: Audi MusicAeter­na unter seinem Chefdirige­n ten Teodor Currentzis.

Newspapers in German

Newspapers from Germany