Was geschah auf der Nautilus?
Ermittlungen Eine Journalistin geht mit dem Besitzer eines U-Bootes auf Tauchfahrt. Es havariert und wird geborgen. Aber von der Schwedin fehlt jede Spur. Der Kapitän sitzt nun in U-Haft
Dänen und Schweden beschäftigt seit Tagen ein bizarres U-Boot-Unglück, bei dem eine Journalistin ermordet worden sein soll. Unter Tatverdacht steht der in Skandinavien prominente dänische Ingenieur und Erfinder Peter Madsen, auch „Raketen-Madsen“genannt. Er hatte sich bislang mit der Verwirklichung scheinbar unmöglicher technischer Projekte einen Namen gemacht. So hat der 46-jährige Tüftler Raketenmotoren und drei U-Boote gebaut.
Die Vorgänge der vergangenen Tage klingen etwas unübersichtlich: Am Donnerstagabend gegen 19 Uhr hatte Madsen die schwedische Journalistin Kim Wall, 30, auf seiner „UC3-Nautilus“mitgenommen. Die freie Journalistin wollte über das Projekt berichten. Augenzeugen haben beide denn auch beim Auslaufen auf dem U-Boot-Turm stehen sehen. Die 2008 vom Stapel gelaufene Nautilus gilt als erprobt und mit ihren knapp 18 Metern Länge und 40 Tonnen Gewicht als das größte privat gefertigte U-Boot der Welt.
Am Freitag aber sank das Boot vor der dänischen Küste in der Ostsee. Madsen wurde gerettet. Doch von der Schwedin fehlt bislang jede Spur.
Madsen gab an, dass er die Frau bereits am Donnerstagabend wieder an Land gebracht und gegen 22.30 Uhr gar vor dem Kopenhagener Restaurant Halvandet abgesetzt habe. Dann sei er allein wieder mit seinem U-Boot auf See gefahren. Doch der Freund der Journalistin wartete am Donnerstagabend offenbar vergeblich auf seine Freundin – und meldete die 30-Jährige bei der Polizei als vermisst.
Der dänische Seenotdienst begann zu ermitteln, konnte aber den Funkkontakt zu Madsen auf dem U-Boot erst am nächsten Tag herstellen. Der Tüftler erklärte dem Rettungsdienst, dass es technische Probleme gegeben habe, er aber nun das Land ansteuere.
Am Freitagmorgen um 11 Uhr machte ein Augenzeuge dann das U-Boot auf dem Meer aus. Madsen sei zunächst auf dem Turm des Schiffes gestanden, dann kurz hinunter in den Bauch des U-Bootes gegangen – um wieder auf den Turm zurückzukehren. Schließlich überschlugen sich die Ereignisse: Das U-Boot sank plötzlich und rasch in die Tiefe, Madsen sprang ins Wasser und wurde von der Besatzung eines privaten Motorbootes aufgefischt.
Die Polizei indes glaubte Madsen und seiner Version der Vorgänge nicht – und schickte Taucher an den vorgeblichen Unglücksort. Doch diese konnten wegen der instabilen Lage des U-Bootes auf dem Meeresgrund nicht ins Schiff eindringen. Madsen kam unterdessen wegen des Verdachts auf „fahrlässigen Totschlag“in Untersuchungshaft.
Das U-Boot wurde geborgen und zur Spurensicherung an Land gehievt, belauert von einer großen Schar von Journalisten. Die Leiche der vermissten Frau befand sich aber nicht im Wrack.
„Es wirkt so, als ob das U-Boot in einer bewussten Handlung versenkt wurde“, sagte Polizeisprecher Jens Møller. Zudem habe der Tüftler „variierende Erklärungen“dazu abgegeben, wie und ob er die Journalistin am Donnerstagabend an Land gebracht habe. Das U-Boot werde nun als „möglicher Tatort“betrachtet. Noch sucht die Polizei mit Tauchern, Helikoptern, Wasser- und Küstenfahrzeugen nach der verschwundenen Schwedin. Es sei leider immer unwahrscheinlicher, sie noch lebend zu finden, so die Polizei.
Madsen scheint das alles wenig zu kümmern: Bei der Haftgerichtsverhandlung am Samstagnachmittag wirkte er gelassen, zwinkerte einer Frau im Publikum zu und gab ihr einen diskreten Handluftkuss, schilderte ein Reporter der Zeitung Expressen.
„Das ist ein einzigartiger Fall, der mit dem U-Boot sehr bizarre Züge enthält“, kommentierte der schwedische Kriminologieprofessor Jerzy Sarnecki den Fall. Dass der Erfinder so schnell festgenommen wurde, deute darauf hin, dass die Polizei einen berechtigten Verdacht gegen ihn in der Hand habe. „Es ist ziemlich offensichtlich, dass sie etwas Konkretes, den Medien nicht Bekanntes gegen ihn der Hand hält“, sagte er der schwedischen Zeitung Aftonbladet.