Er filmt Bienen „hautnah“in 3D
Natürlich Bienen Der Meringer Günter Peschke ist fasziniert von Insekten und vom Filmen. Beim Imkertag in Friedberg zeigt er ungewöhnliche Aufnahmen. Wie sind diese entstanden? / Serie (2)
Beim Bayerischen Imkertag in Friedberg können die Besucher einen faszinierenden Blick in eine Welt voller Wunder werfen: Günter Peschke zeigt das Leben in einem Bienenstock als dreidimensionalen Film – so, als wäre der auf Miniaturgröße geschrumpfte Zuschauer selbst ein Teil des emsigen Treibens. Wie im Kino braucht man eine Spezialbrille, um den räumlichen Effekt zu genießen. Wie es funktioniert, dass eine Biene auf der drei mal zwei Meter großen Leinwand aussieht wie ein Rieseninsekt aus einem Fantasy-Film, erklärt der Filmemacher aus Mering: „Die beiden Augen des Menschen werden durch jeweils eine Kamera ersetzt; es entstehen zwei Aufnahmen aus der Sicht des linken und des rechten Auges.“
Diese werden am Computer zusammengerechnet und in ein spezielles Wiedergabeformat gewandelt. Ein weiterer Trick der sogenannten Stereoskopie: Wird der Abstand zwischen den Kameras, also gewissermaßen der Augenabstand, vergrößert, sieht man alles mit dem Blick eines Riesen und die Welt erscheint unendlich klein. Umgekehrt ist es, wenn man den Abstand verkleinert, dann erscheinen dem Zuschauer die Dinge gigantisch groß, quasi aus der Käfer-Perspektive.
Das Leben ist (k)ein Honigschlecken.
„Das Leben ist (k)ein Honigschlecken“heißt der Film, mit dem Peschke beim internationalen 3D-Festival in Südkorea einen Preis gewonnen hat. In seine Arbeit steckt der pensionierte Ingenieur viel Geduld und Geld: 6000 Euro kostet allein die Technik, die er beim Imkertag aufbauen wird. Gedreht hat er seine spannenden Spezialaufnahmen am Stock von Alois Laaber in Mering; dabei betrug der Abstand der Kameras zu den Tieren nur drei bis fünf Millimeter. Peschke: „So kann man in Großaufnahme sehen, wie grimmige Wächterbienen am Stockeingang patrouillieren, Sammlerinnen zum Stock zurückkehren oder Bienen ihn mit superschnellem Flügelschlag kühlen.“
Gern greift der Experte in seine Trickkiste. Viele Aufnahmen wurden mit höherer Bildfrequenz gedreht; so entsteht ein zwei- bis vierfacher Zeitlupeneffekt, bei der Darstellung einer Biene im Flug mit Highspeed-Kameras sogar ein 40-facher. Für einige Sequenzen wurden Brutwaben mit ansitzenden Bienen auf ein Gestell moniert; darin kann die Aufnahmeeinrichtung mittels Joystick und kleinen Elektromotoren in allen drei Achsen bewegt werden.
Gestochen scharf sind die brillanten Bilder, die Bienen bei der Aufnahme von Nektar und der Weitergabe an andere Tiere zeigen. Mit der 3D-Brille meint man, selbst im Stock zu sitzen. Der räumliche Eindruck und die Vergrößerung auf der Leinwand bieten ein Erlebnis, das selbst altgediente Imker staunen lässt. Den Mittsiebziger faszinieren Natur und Filmtechnik bereits seit Jahrzehnten. 1990 kam er von der DDR nach Westdeutschland, zog mit seiner Frau nach Mering. Peschke arbeitete in München bei Kinoton, einem Hersteller von Systemen für die analoge und digitale Filmbearbeitung. Später machte er sich selbstständig und hat jetzt im Ruhestand genügend Zeit für sein Hobby.
Die faszinierende Technik, wie sie heute zum Beispiel bei Kinohits wie „Wonder Woman“eingesetzt wird, ist keineswegs neu, weiß Peschke: „Die erste große 3D-Welle setzte nach einer durch den Zweiten Weltkrieg bedingten Entwicklungspause Ende 1952 ein, als die Kinobranche immer mehr Zuschauer an das neue preiswerte Fernsehen verlor.“Doch in 3D zu drehen war in den 1950er-Jahren mit hohem Aufwand verbunden: Der Aufbau der beiden synchron betriebenen Kameras war langwierig, und das Filmmaterial benötigte enorm viel Licht.
Einen wichtigen Schub in ästhetischer Hinsicht lieferte 2004 Robert Zemeckis „Polarexpress“, dessen 3D-Version nur in IMAX-Kinos lief. Er kombinierte die digitale Animationstechnik mit dem MotionTracking-Verfahren, bei dem die Bewegungen von realen Schauspielern über Messpunkte erfasst und auf digital erzeugte Figuren übertragen werden. Dieses technisch weiterentwickelte Verfahren half James Cameron in „Avatar – Aufbruch nach Pandora“, seine blauen Kunstfiguren so lebendig erscheinen zu lassen.