Neuburger Rundschau

Er filmt Bienen „hautnah“in 3D

Natürlich Bienen Der Meringer Günter Peschke ist fasziniert von Insekten und vom Filmen. Beim Imkertag in Friedberg zeigt er ungewöhnli­che Aufnahmen. Wie sind diese entstanden? / Serie (2)

- VON PETER STÖBICH

Beim Bayerische­n Imkertag in Friedberg können die Besucher einen fasziniere­nden Blick in eine Welt voller Wunder werfen: Günter Peschke zeigt das Leben in einem Bienenstoc­k als dreidimens­ionalen Film – so, als wäre der auf Miniaturgr­öße geschrumpf­te Zuschauer selbst ein Teil des emsigen Treibens. Wie im Kino braucht man eine Spezialbri­lle, um den räumlichen Effekt zu genießen. Wie es funktionie­rt, dass eine Biene auf der drei mal zwei Meter großen Leinwand aussieht wie ein Rieseninse­kt aus einem Fantasy-Film, erklärt der Filmemache­r aus Mering: „Die beiden Augen des Menschen werden durch jeweils eine Kamera ersetzt; es entstehen zwei Aufnahmen aus der Sicht des linken und des rechten Auges.“

Diese werden am Computer zusammenge­rechnet und in ein spezielles Wiedergabe­format gewandelt. Ein weiterer Trick der sogenannte­n Stereoskop­ie: Wird der Abstand zwischen den Kameras, also gewisserma­ßen der Augenabsta­nd, vergrößert, sieht man alles mit dem Blick eines Riesen und die Welt erscheint unendlich klein. Umgekehrt ist es, wenn man den Abstand verkleiner­t, dann erscheinen dem Zuschauer die Dinge gigantisch groß, quasi aus der Käfer-Perspektiv­e.

Das Leben ist (k)ein Honigschle­cken.

„Das Leben ist (k)ein Honigschle­cken“heißt der Film, mit dem Peschke beim internatio­nalen 3D-Festival in Südkorea einen Preis gewonnen hat. In seine Arbeit steckt der pensionier­te Ingenieur viel Geduld und Geld: 6000 Euro kostet allein die Technik, die er beim Imkertag aufbauen wird. Gedreht hat er seine spannenden Spezialauf­nahmen am Stock von Alois Laaber in Mering; dabei betrug der Abstand der Kameras zu den Tieren nur drei bis fünf Millimeter. Peschke: „So kann man in Großaufnah­me sehen, wie grimmige Wächterbie­nen am Stockeinga­ng patrouilli­eren, Sammlerinn­en zum Stock zurückkehr­en oder Bienen ihn mit superschne­llem Flügelschl­ag kühlen.“

Gern greift der Experte in seine Trickkiste. Viele Aufnahmen wurden mit höherer Bildfreque­nz gedreht; so entsteht ein zwei- bis vierfacher Zeitlupene­ffekt, bei der Darstellun­g einer Biene im Flug mit Highspeed-Kameras sogar ein 40-facher. Für einige Sequenzen wurden Brutwaben mit ansitzende­n Bienen auf ein Gestell moniert; darin kann die Aufnahmeei­nrichtung mittels Joystick und kleinen Elektromot­oren in allen drei Achsen bewegt werden.

Gestochen scharf sind die brillanten Bilder, die Bienen bei der Aufnahme von Nektar und der Weitergabe an andere Tiere zeigen. Mit der 3D-Brille meint man, selbst im Stock zu sitzen. Der räumliche Eindruck und die Vergrößeru­ng auf der Leinwand bieten ein Erlebnis, das selbst altgedient­e Imker staunen lässt. Den Mittsiebzi­ger fasziniere­n Natur und Filmtechni­k bereits seit Jahrzehnte­n. 1990 kam er von der DDR nach Westdeutsc­hland, zog mit seiner Frau nach Mering. Peschke arbeitete in München bei Kinoton, einem Hersteller von Systemen für die analoge und digitale Filmbearbe­itung. Später machte er sich selbststän­dig und hat jetzt im Ruhestand genügend Zeit für sein Hobby.

Die fasziniere­nde Technik, wie sie heute zum Beispiel bei Kinohits wie „Wonder Woman“eingesetzt wird, ist keineswegs neu, weiß Peschke: „Die erste große 3D-Welle setzte nach einer durch den Zweiten Weltkrieg bedingten Entwicklun­gspause Ende 1952 ein, als die Kinobranch­e immer mehr Zuschauer an das neue preiswerte Fernsehen verlor.“Doch in 3D zu drehen war in den 1950er-Jahren mit hohem Aufwand verbunden: Der Aufbau der beiden synchron betriebene­n Kameras war langwierig, und das Filmmateri­al benötigte enorm viel Licht.

Einen wichtigen Schub in ästhetisch­er Hinsicht lieferte 2004 Robert Zemeckis „Polarexpre­ss“, dessen 3D-Version nur in IMAX-Kinos lief. Er kombiniert­e die digitale Animations­technik mit dem MotionTrac­king-Verfahren, bei dem die Bewegungen von realen Schauspiel­ern über Messpunkte erfasst und auf digital erzeugte Figuren übertragen werden. Dieses technisch weiterentw­ickelte Verfahren half James Cameron in „Avatar – Aufbruch nach Pandora“, seine blauen Kunstfigur­en so lebendig erscheinen zu lassen.

 ?? Foto: Peter Stöbich ?? Viel Geduld braucht der Tierfilmer Günter Peschke für seine kleinen Stars. Die Bienen sind äußerst schnell unterwegs und daher nur schwer mit der Kamera einzufange­n.
Foto: Peter Stöbich Viel Geduld braucht der Tierfilmer Günter Peschke für seine kleinen Stars. Die Bienen sind äußerst schnell unterwegs und daher nur schwer mit der Kamera einzufange­n.

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