Neuburger Rundschau

Lasset die Spiele beginnen

- VON KATHARINA PIETSCH klartext@neuburger rundschau.de

Eine deutliche Unruhe ist zu spüren. Nervös treten die Teilnehmer der Hungerspie­le von einem Fuß auf den anderen. Die schwüle Luft knistert vor Anspannung. Dann beginnt der Countdown, 30 Sekunden verbleiben. Mit jeder Sekunde, die verstreich­t, werden die vielen Menschen um mich herum nervöser. In den Blicken ist mal Verzweiflu­ng zu erkennen, mal Gier. Jemand, der das letzte Mal vor dem Startschus­s losgerannt ist, wurde bis heute nicht gesehen. Wir halten Benjamin in Ehren.

Jetzt ertönt der Startschus­s. Wie ein Kanonensch­uss hallt er durch die Köpfe und wir rennen los. Die einen nach hinten, weg von der Masse, die anderen nach vorne. Ihre Herzen pochen ihnen bis zum Hals. Vereinzelt sind Schreie zu hören. Wer hinfällt, hat eben verloren. Die Menge läuft weiter. Sie alle haben nur ein Ziel: überleben. Jeder rennt auf die Mitte zu. Einige sind vor mir da, sie sind bereits in Rangeleien verwickelt. Ein junges Mädchen – vielleicht 14 Jahre alt – versucht, sich durch die schupsende­n Jugendlich­en zu drängen und dabei nicht in die Schusslini­e zu geraten. Dann ist alles vorbei.

Nach etwa einer halben Stunde ist es wieder still. Alles ist wie leer gefegt. Es ist keine Seltenheit, dass so etwas passiert. Aber wovon sprechen wir?

An unserer Schule gibt es jeden Montag und Freitag in der Kantine frische Beeren. Die sind bei 31 Grad natürlich heiß begehrt. Allerdings lässt uns der Lehrer erst mit dem Gong aus dem Klassenrau­m. Es war ein harter Kampf und ich werde sicher lange nicht richtig schlafen können, aber heute war ich einer der Sieger, die noch etwas abgekommen haben. Dennoch haben viele kein gutes Los gezogen. Ein paar von uns haben sogar geweint.

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