Momentversagen mit tragischen Folgen
Prozess Ein 20-Jähriger muss sich wegen eines schweren Verkehrsunfalls bei Burgheim vor Gericht verantworten. Die Verhandlung endet mit Tränen
Neuburg/Burgheim Der junge Angeklagte hält sich die Hände vor das Gesicht und weint. Es ist gerade Pause am Neuburger Amtsgericht – die Pause vor der Urteilsverkündung. Da tritt die Mutter aus dem Zuschauerraum nach vorne an die Anklagebank und nimmt ihren Sohn in den Arm. Es war ein tragischer Fall, in dem Richter Gerhard Ebner gestern ein Urteil sprach. Ein Moment der Unachtsamkeit im Straßenverkehr, wie es später im Gerichtssaal heißt, ist Ausgangspunkt der Geschichte, die sich vor gut einem Jahr in der Nähe von Illdorf (Burgheim) zugetragen hat.
Vergangene Woche musste bereits der 20-jährige Angeklagte selbst aussagen. Zum Zeitpunkt des Unfalls war er erst 19 Jahre alt. Er erinnerte sich allerdings an nichts mehr und konnte keine Angaben machen. Gestern waren nun die Insassen des Autos geladen, mit denen der 20-Jährige kollidiert war: eine heute 19-Jährige mit ihrem 62-Jährigen Vater aus dem Landkreis Dachau.
Kurz nach Illdorf sei ihnen der damals 19-Jährige entgegengekommen, erzählt die Zeugin. „Auf unserer Fahrbahnseite!“Sie habe Prellungen, Schnittwunden und Blutergüsse erlitten, spüre inzwischen aber keine Nachwirkungen mehr. Der Vater – er fuhr das Auto – erinnert sich nur noch bruchstückhaft, aber eines weiß er: Der Pkw kam ihm auf seiner Fahrbahnseite entgegen, es war ein VW in dunkler Farbe. Den 62-Jährigen hat es um einiges schlimmer erwischt als seine Tochter: Er erlitt Schnittwunden im Gesicht, außerdem einen komplizierten Trümmerbruch am linken Arm, einen Rippenbruch, Prellungen des Brustkorbs und eine massive Knieverletzung. An Arm und Knie stehen noch Operationen an, berichtet der Mann.
Wie Richter Ebner sagt, habe der Angeklagte nach dem Unfall versucht, sich zu entschuldigen. Doch die beiden Betroffenen wollten und wollen die Entschuldigung nicht annehmen: „Er hat Blumen und einen Brief geschickt, aber ich habe ein Problem damit“, so der 62-Jährige.
Das Sachverständigen-Gutachten, das Ebner verliest, besagt Folgendes: Der Angeklagte sei mit einer Geschwindigkeit zwischen 100 und 130 Kilometern pro Stunde unterwegs gewesen, das Auto von Vater und Tochter mit knapp 80 Stundenkilometern, als es zum Zusammenstoß kam. Für den Vater wäre es nicht möglich gewesen, der Kollision auszuweichen. Aus technischer Sicht könne nicht geklärt werden, wieso der junge Mann auf die Gegenfahrbahn geraten ist.
Staatsanwältin Vera Stoll fordert am Ende eine Geldauflage von 4000 Euro und ein Fahrverbot für drei Monate. Verteidigerin Cordula Roßkopf spricht sich gegen eine Geldstrafe und auch gegen Arbeitsstunden aus. Denn auch ihr Mandant sei bei dem Unfall schwer verletzt worden: Er erlitt mehrere Brüche, musste Hauttransplantationen über sich ergehen lassen und lag monatelang in einer Art Wachkoma mit ungewissem Ausgang. Er zeige viel Reue, es sei kein Alkohol im Spiel gewesen.
Schuldig der fahrlässigen Körperverletzung heißt es schließlich: Richter Gerhard Ebner verurteilt den Angeklagten zu einer Geldauflage von 2000 Euro, zu zahlen in monatlichen Raten von je 100 Euro. Hinzu kommt ein Fahrverbot von zwei Monaten. Der Unfall sei aufgrund eines „Augenblicksversagens“entstanden, so Ebner.