Was macht Air Berlin Gründer Hunold?
Porträt Der 67-Jährige hat die Fluggesellschaft groß rausgebracht. Jetzt leidet er und schweigt
Augsburg Früher war er nie um einen guten, oft frechen Spruch verlegen. Heute schweigt Joachim Hunold, wenn er auf die Pleite von Air Berlin angesprochen wird. Der 67-Jährige mag über den Sturzflug des von ihm einst zur siebtgrößten europäischen Airline aufgebauten Unternehmens nicht reden. Auf Nachfragen hatte der Manager zuletzt abgewinkt und zu Journalisten gesagt: „Vielleicht später einmal.“
Das selbst auferlegte Schweigegelübde muss dem Rheinländer schwerfallen. Aber Hunold gehört zwar seit seinem Rücktritt als AirBerlin-Chef im Jahr 2011 nicht mehr dem Management der Fluglinie an. Er sitzt aber im Aufsichtsrat, was seine verbale Abstinenz erklären mag. Beobachter meinen, der einst kräftige Mann mit dem kahlen, großen Kopf und dem jovialen Lächeln sei hagerer geworden, ja all den Turbulenzen überdrüssig.
Was Hunold sicher am meisten schmerzt: Das, was der Unternehmer am besten kann – nämlich kämpfen – bringt nichts mehr. Sein Lebenswerk, das er von 1991 an, zunächst als Ferienflieger nach Mallorca, aufgebaut hat, liegt in Trümmern. Das trifft auch ihn finanziell, wenn Informationen des Spiegels zutreffen. Denn danach hielt Hunold zuletzt noch 2,3 Millionen Aktien an Air Berlin. Gestern dümpelte der Wert um rund 0,4 Euro. Seit 2007 und damaligen Notierungen von knapp 20 Euro hat das Papier rasant an Höhe verloren. Daran änderte auch nichts, dass der hemdsärmelige Hunold sich als seinen Nachfolger an der Air-Berlin-Spitze den noch hemdsärmeligeren früheren BahnChef Hartmut Mehdorn ausgesucht hatte. Immerhin gelang es Mehdorn mit den Scheichs aus Abu Dhabi und ihrer Fluglinie Etihad einen Großaktionär an Bord zu holen. Doch im Nachhinein erwies sich die Partnerschaft als Missverständnis.
Die Scheichs wollten die patriarchalische Welt des Firmen-Gründers am Ende nicht mehr am Leben erhalten. Dabei werden die Konstruktionsfehler der Hunold AG in den Tagen der Insolvenz heiß diskutiert: Auf alle Fälle war das Unternehmen zu komplex. Air Berlin versuchte alles zu sein: eine Gesellschaft für Feriengäste und Geschäftsreisende, eben eine Airline, die Kurz-, Mittel- wie Langstrecken bedient.
Solch eierlegende Wollmilchsäue funktionieren in der Regel nur in Manager-Träumen, nicht im Alltag. Früher, als Hunold sich noch auf seine Rolle als Ferienflieger und Mallorca-Experte konzentriert hatte, galt er als deutscher Super-Unternehmer. Er ließ sich im Wohlgefühl des Erfolgs von Mitarbeitern duzen. Für sie war er „der Achim“, der auf Betriebsfesten Bier ausgeschenkt hat, Nächte durchfeierte und gegen Betriebsräte, Gewerkschafter sowie „grüne Tussis“polemisierte. Natürlich gibt es Fotos, die ihn zeigen, wie er umrahmt von zwei Air-Berlin-Stewardessen breit in die Kameras lächelt. Seine Hände umfassen die Hüften der Frauen.
Hunold, der mehrere Ehen hinter sich hat, ist ein Typ wie SPD-Mann Gerhard Schröder: Er kann überzeugen, Menschen motivieren und Dinge aufbauen, um am Ende anzuecken. Dabei hat der Manager und Vater von vier Kindern intensiv gelebt: Hunold machte sein Jura-Studium nicht fertig. Er schaffte es dennoch nach oben, kellnerte in der Düsseldorfer Altstadt und arbeitete als Roadie für eine Band von Marius Müller-Westernhagen. Dann ging es zum Urlaubsflieger LTU. Hier wurde der Aufsteiger eine große Nummer, bis er im Streit ausschied.
Später, als Hunold Air Berlin mächtig aufgepäppelt hatte, zeigte er sich gern mit den Gottschalks und Christiansens der Republik. Das ist längst vorbei. Doch zumindest um seinen finanziellen Zustand muss man sich keine Sorgen machen. Nach Hunolds Aus als Air-BerlinChef war von einer Millionenabfindung die Rede. Und der Sylt-Fan arbeitet heute für den Frankfurter Mittelstands-Finanzierer Rantum Capital. Dort kümmert er sich laut Homepage um die Bereiche Transport, Touristik und Logistik.