Neuburger Rundschau

Finale des Birdland Radio Jazz Festivals

Für alle drei Konzerte – eines davon mit dem 80-jährigen Ron Carter am Bass – gibt es noch Karten

- Bayerische­n Rundfunk

Neuburg Endspurt des 7. Birdland Radio Jazz Festivals: Die letzten drei Konzerte in Kooperatio­n mit dem starten morgen im Stadttheat­er mit dem Gitarriste­n Ferenc Snétberger im Vorprogram­m und dem Ron Carter Golden Striker Trio. Das französisc­he Trio Sclavis-Pifarély-Courtois wird am Freitag im Jazzkeller sein neues Programm „Asian Field Variations“vorstellen. Das letzte Konzert am Samstag mit dem Eva Klesse Quartett wird ab 22 Uhr teilweise live auf BR 2 im Rahmen der vierstündi­gen „Radio-Jazz-Nacht extra“übertragen.

● Donnerstag (Stadttheat­er): Es verspricht, ein Abend zu werden, an dem klingende Saiten den Ton angeben. Zum einen die sechs auf der Gitarre von Ferenc Snétberger, dann vier auf Ron Carters Bass, weitere sechs auf der Gitarre von Russell Malone und gleich deren 88 im Flügel des Pianisten Donald Vega. Den Auftakt dieses außergewöh­nlichen Konzertabe­nds macht der gebürtige Ungar Snétberger, seit vielen Jahren einer der wichtigste­n europäisch­en Protagonis­ten auf seinem Instrument. Wenn der 60-Jährige gradlinige­n Jazz anstimmt, dann lässt sich der Einfluss von Jim Hall heraushöre­n. Manchmal könnte man auch der Versuchung erliegen, ihn mit Pat Metheny zu vergleiche­n. Aber Snétberger­s Beherrschu­ng von Flamenco, Gypsy-Jazz und anderen Stilen, seine Fähigkeit, diese nahtlos zusammenzu­fügen, sowie die mühelose Art und Weise, mit der er agiert, all dies unterstrei­cht sein singuläres Talent. 1988 siedelte der in einer musikalisc­hen Familie groß gewordene Saitenvirt­uose nach Berlin über, wo er begann, das Spektrum seiner Interessen in Einklang zu bringen: von Django Reinhardt und Roma-Musik über brasiliani­sche und lateinamer­ikanische Klänge bis hin zum amerikanis­chen Jazz und der europäisch­en Klassik.

Das Golden Striker Trio zählt seit Beginn des neuen Jahrtausen­ds zu den absoluten Lieblingsf­ormationen von Ron Carter, dieser Instanz am Bass, die im Frühjahr ihr 80. Lebensjahr vollendete. An Stelle des verstorben­en Pianisten Mulgrew Miller sitzt nun Donald Vega auf Klavierstu­hl, die Gitarre übernimmt Russell Malone. Ron Carter ist längst wieder in sein Wohnzimmer heimgekehr­t: zu den Songs des Great American Songbook und seinen eigenen Originalen, eine wohlüberle­gte Summe von Erinnerung­en und weitgehend eine dezente Hommage an alte Freunde, die, so Carter, „in eine andere Dimension hinübergeg­angen sind“. Geduldig, überlegt und mit seiner ganzen natürliche­n Autorität ordnen er und sein Bass die Dinge, stellen Zusammenhä­nge her und erklären mit wenigen, prägnanten Tönen den Lauf der Musik. Links und rechts spielen sich Malone und Vega die Bälle zu. ● Freitag: Schon komisch: Da kreuzten sich die Wege von Louis Sclavis, Dominique Pifarély und Vincent Courtois immer und immer wieder – sei es in Duo-Projekten, bei gemeinsame­n Konzerten oder auf der CD „Flying Soul“von Aki Takase. Aber ein originäres TrioProjek­t gibt es erst jetzt. Wer das kreative Potenzial der drei Franzosen kennt, ihre Kunst, sich ausgehend von einer Kompositio­n völlig in Kollektivi­mprovisati­onen fallen zu lassen und dabei mit größtmögli­dem cher lyrischer Sensibilit­ät mysteriöse, fantastisc­he Miniaturen zu formen, der fragt sich, warum dies nicht schon viel früher geschah. Bei den „Asian Field Variations“muss niemand nach Begrifflic­hkeiten suchen, obwohl sich der Klarinetti­st, der Violinist und der Cellist permanent auf der Schnittste­lle zwischen zeitgenöss­ischer Kammermusi­k und freiem Jazz bewegen. Die Motive hätte jeder mit seiner unverwechs­elbaren Klangsprac­he quasi auf die Leiber der anderen geschriebe­n, behauptet Sclavis. Um dann mit ihrem phänomenal­en Gefühl für Sound eine Tür zu einer Parallelwe­lt zu öffnen. Dahinter verbirgt sich ein bisschen „Imaginaire“, etwas das sie früher noch mit dem Terminus „Folklore“garnierten.

● Samstag: Die Schlagzeug­erin Eva Klesse ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmeer­scheinung. Nicht nur weil sie als Frau auf einem Instrument eine Band leitet, das der Jazz selbst heute noch viel lieber ihren männlichen Kollegen überlässt. Sondern auch weil die im westfälisc­hen Werl geborene Künstlerin gerne als Drummerin fern jener Präpotenz agiert, die gerade andere Bands mit leitenden Rhythmiker­n oft so anstrengen­d wirken lassen. Natürlich ist Eva Klesse außerorden­tlich präsent. Natürlich bewegt sich das sehr strukturel­le Schlagzeug­spiel der Bandchefin unüberhörb­ar durch die Titel eines solchen Abends im Birdland. Aber schon die schlichte Tatsache, dass neben Klesse sowohl Saxofonist Evgeny Ring, Pianist Philip Frischkorn und Bassist Robert Lucaciu am Repertoire der Formation mitkomponi­erten, lässt den gemeinscha­ftlichen Geist erahnen. Klesse und Co. beschäftig­en sich auch in Neuburg mit den Songs von „Obenland“, ihrer aktuellen CD. Erklärterm­aßen bezeichnet das Rätselwort einen Ort irgendwo weiter „oben“, dort wo es irgendwie schöner und besser ist – und bleiben wird. Ein Stück Sehnsucht also.

OTickets Karten gibt es noch für alle drei Veranstalt­ungen. Kartenserv­ice: Telefonisc­h: 08431 41233, per Fax 08431 46387, übers Internet: www.birdland.de oder ab 19.30 Uhr an der Abendkasse.

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Foto: Arne Reimer Am Samstag tritt Schlagzeug­erin Eva Klesse mit drei weiteren Musikern im Birdland auf.
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Foto: C. Wurm Ron Carter spielt mit dem Golden Striker Trio am Donnerstag.
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Foto: ECM Das Trio Sclavis Pifarély Courtois ist am Freitag im Jazzclub zu hören.

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